Wegen der Lärmklage eines inzwischen weggezogenen Anwohners gehen auf dem Kunstrasenplatz des FV Bad Vilbel immer noch um Punkt 20.45 Uhr die Lichter aus. Obwohl abends und gerade im Winter die Trainingsplätze knapp werden, hat sich der Verein arrangiert. Trotz starker Nachfrage limitiert aber noch ein anderer Umstand die Expansion: Es fehlen ehrenamtliche Trainer für die Kinder und Jugendlichen.
Bad Vilbel. Es ist längst dunkel geworden, doch das Flutlicht leuchtet den noch vom Regen feuchten Kunstrasenplatz des FV Bad Vilbel hell aus. Energisch fordert der Trainer die A-Junioren auf, mehr nach vorne zu stürmen. Um den Faktor Zeit geht es auch in anderer Hinsicht. Denn schon seit 1995 beschäftigt das Sportplatzgelände nicht nur die Kicker, sondern auch Juristen.
1995 hatte ein Anwohner einen rigiden Lärmschutz erstritten. Das Resultat: der Hartplatz durfte damals nur zu zwei Dritteln mit maximal 14 Spielern plus einen Trainer genutzt werden. Der Anwohner installierte eine Kamera auf dem Balkon, um Verstöße zu dokumentieren.
15 Mann, ein Tor
„Auf Grund einer veränderten Rechtsprechung und des Verfassungsrangs des Sports“ ging Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) damals davon aus, dass diese Einschränkung über die gesetzte Frist hinaus keinen Bestand habe. „Es ergibt Sinn, auch dort schon jetzt alternativ den Bau eines Kunstrasenplatzes zu prüfen. Der FV musste zunächst damit leben, den 765 000 Euro teuren, noch mit Mitteln des Konjunkturförderungsprogrammes gebauten Kunstrasenplatz noch eingeschränkter nutzen zu können: „15 Spieler, ein Tor“, so lauteten damals die Auflagen, erinnert Stöhr.
Inzwischen sei der Kläger fortgezogen, „der FV nutzt den Platz voll“. Gespielt werden darf jetzt bis 20.45 Uhr, „dann geht das Licht aus“. Das wurde, so eine weitere Folge der Anwohnerklage, etwas weniger hell eingestellt. Eine weitere Auflage: nur eine „geringe Anzahl Zuschauer“ sei erlaubt, sagt Eckhardt. Die Zahl 50 wurde früher genannt: „Aber das wird nicht mehr nachgeprüft“, zeigt sich Eckhardt erleichtert Im Februar 2010 war es dann soweit: der neue Kunstrasenplatz am Niddasportfeld konnte bespielt werden.
Der nach dem Ablauf der auf die Saison 2007/2008 befristeten Lärmbeschränkung erzielte Vergleich sei ein „beachtlicher Fortschritt“, zumal das Training das ganze Wochenende über möglich sei. Auch einer zweiten Anwohnerklage sei nachgekommen worden. Die hatten sich beschwert, dass die Bälle auf der metallenen Bandenwerbung so laut seien. Die Stadt hat diese durch Kunststoffbahnen ersetzt, so Stöhr. Damit sei auch der FV zufrieden, „es gibt keine aktuellen Forderungen des Vereins“.
Das bestätigt Wilhelm Eckhardt, der Vorsitzende des FV. „Wir wollen kein Fass aufmachen.“ Dennoch bedauert er die Einschränkung. Auf den Hartplätzen dürfe weiterhin bis 21 oder 21.30 Uhr trainiert werden. Im Winter oder nach zwei, drei Regentagen sind sie aber gesperrt. Deswegen hatten die Fußballer sich so auf den Kunstrasen gefreut, der ganzjährige Trainingsbedingungen sicherstellt. Und die werden benötigt.
400 aktive Kicker
Über 500 Mitglieder hat der FV, davon trainieren 400, erläutert Eckhardt. Allerdings nur in einem begrenzten Zeitfenster. Los geht es erst ab 16 Uhr, denn auch die Kinder und Junioren haben, dank der Ganztagsschulen, erst spät nachmittags Zeit. Und die A-Junioren haben Lehre oder Schule hinter sich zu bringen.
Gerade in den vergangenen Jahren habe der FV einen großen Zulauf von Kindern und Jugendlichen im Alter von fünf bis 15 Jahren gehabt. „Unsere Kapazitäten sind ausgeschöpft“, bedauert Eckhardt. Nicht wegen fehlender Sportplätze, sondern aus Mangel an ehrenamtlichen Betreuern und Trainern. „Es ist schwierig, jemand zu finden, der sich Samstags in die Sporthalle stellt oder mit den Kindern zu den Spielen fährt.“ Deswegen werde es vorerst keine zusätzlichen Mannschaften geben. Die Vereinsmitglieder haben sich indes mit den Einschränkungen arrangiert. Kein Training fällt aus, aber die Trainingszeiten werden so verkürzt, dass es für alle reicht. Die A- und B-Junioren trainieren den ganzen Winter über, da seien immer noch sechs, sieben Mannschaften draußen, so Eckhardt.
Er wundert sich trotzdem noch über die Klage. „Die Sportplätze gibt es hier schon 40, 50 Jahre“, das hätte der in den 1990ern zugezogene Anwohner wissen können, findet er. Der FV habe zwar bei der Stadt angefragt, ob die Lärmschutzauflagen verändert werden könnten, doch habe man dort signalisiert, das Urteil sei festgeschrieben. „Das ist halt so, wir sind soweit damit zufrieden“, so Eckhardt nachsichtig.