Schöneck. Zur Mahnung und wider das Vergessen versammelten sich am Wochenende zahlreiche Menschen am Büdesheimer Rathaus, um an die Pogromnacht vor 70 Jahren zu erinnern. Auch in Büdesheim wurden jüdische Menschen überfallen und verschleppt sowie Geschäfte geplündert und zerstört. „Mit dieser Nacht hat die systematische Vernichtung des europäischen Judentums begonnen“, erinnerte Schönecks Bürgermeister Ludger Stüve (SPD). Er legte ein Gebinde am Mahnmal nieder und enthüllte eine Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Synagoge. Ein Friedensgebet mit Pfarrer Ernst Rohleder und Klarinettenmusik der Musikschule Schöneck-Nidderau gehörten ebenso zur Veranstaltung.
Als Zeitzeugen und Ehrengäste nahm das in Argentinien lebende Ehepaar Susana und Alfredo Strauß an der Feier teil. „Tief berührt stehe ich an der Stelle, an der meine Eltern und Vorfahren täglich um Frieden gebetet haben“, sagte Alfredo Strauß, der 1934 in Büdesheim geboren wurde und 1937 mit seiner Familie Deutschland verließ. Auch wenn das Paar nicht das erste Mal in Büdesheim ist, so klopfe doch immer das Herz bei der schrecklichen Erinnerung, sagte Susana Strauß.
Das perfekt Deutsch sprechende Ehepaar ist befreundet mit Manfred Geisler, der seit Jahren die Geschichte der jüdischen Gemeinde Büdesheim erforscht. Diese hatte vor 148 Jahren das Grundstück in der Speckgasse gekauft und sechs Jahre später Antrag zur Errichtung einer Synagoge gestellt. Bauantrag und Bauzeichnungen sind erhalten. „Sie war aus roten Ziegelsteinen errichtet, fast quadratisch und hatte einen Vorraum mit Garderobe und Waschgelegenheit sowie ein Treppenhaus zur Empore“, beschreibt Geisler die Synagoge.
Am Abend des 9. November 1938 wurde die Synagoge geschändet. Das Gestühl und die Thorarollen verbrannten, Tage später wurden die Mauern eingerissen. Die Gedenktafel soll die Erinnerung wach halten. (rec)