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Er ist wieder da – der Führer geistert durch den Keller

Überzeugend: Matthias Vogel als Adolf Hitler. Foto: Eugen Sommer
Überzeugend: Matthias Vogel als Adolf Hitler. Foto: Eugen Sommer

Bad Vilbel. Die Zuschauer packt eine seltsame Neugierde, wenn Adolf Hitler (Matthias Vogel) als eine der letzten Tabufiguren auf der Bühne steht. Im Theaterkeller der Bad Vilbeler Burg fand am Sonntagabend die Premiere der Bühnenfassung von Ulrich Cyran nach dem Satireroman-Erfolg „Er ist wieder da“ von Timur Vermes statt.

An einem Sommertag 2015 wacht ein Mann mit unverkennbarem Oberlippenbart und Seiten-scheitel – Adolf Hitler – mitten in Berlin auf und erkennt nichts wieder. In größter Verwirrung versteht er weder sich selbst noch die Welt. Jedoch analysiert er rasant schnell die heutige verkommene Gesellschaft. Dann wird er vom privaten Fernsehen entdeckt, und der vermeintliche Comedian, der die Dinge endlich mal beim Namen nennt, startet eine Medienkarriere:

Diese gallige Groteske über die auf Erfolg und Quoten fixierte Mediengesellschaft ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Zunächst dominiert die Komik; im Publikum wird viel gelacht, doch mit zunehmender Dichte und überzogener Satire hält das Auditorium plötzlich inne. Sein Narzissmus auf der Bühne tritt stärker hervor als sein Nazismus.

Matthias Vogel gelingt auf der Bühne in Soldatenkluft, mal schnarrend und schreiend, mal in einnehmendem Plauderton, eine überzeugende Darstellung. Er spielt die Rolle prägnant, in entlarvender Lächerlichkeit mit nachdenklichen Momenten. Herausragend spielt auch Sophia Carla Brocker in wechselnden Rollen. Die satirisch zugespitzte Auseinandersetzung mit der Hitler-Figur und der heutigen Medien- und nicht mehr durchschaubaren Konzernlandschaft wird durch Video-Projektionen unterlegt und reizvoll ergänzt. Diese hemmungslose Persiflage wirft auch Fragen nach der Grenze des guten Geschmacks in der heutigen Konsumwelt auf. Die Aufführung ist ein erschreckender Spaß mit Nachdenk-Momenten, ambivalent und irritierend. (ure)


Karten gibt es im Ticketbüro der Stadt, Telefon (06101) 559455.