Man spricht deutsch im Dschungel Brasiliens, im Getreidegürtel Kanadas oder in Georgien. Nicht jeder, versteht sich. Aber wer einen biologisch-dynamisch bewirtschafteten Hof besucht, kann schon mal jemandem begegnen, der aus Deutschland kommt, genauer, der ein Absolvent der Landbauschule Dottenfelderhof gewesen ist.
Bad Vilbel. In 40 Jahren hat die Landbauschule des Dotti, eine an den Lehren Rudolf Steiners orientierte, private landwirtschaftliche Fachschule, schon so einige einhundert Absolventen in biologisch-dynamisch orientierte Betriebe entlassen. Und das nicht nur in Deutschland oder der Schweiz.
Man schrieb das Jahr 1974, als sich die Betriebsgemeinschaft Dottenfelderhof einen schon bei der Gründung 1968 gehegten Wunsch erfüllen konnte, nämlich junge Menschen mitten im praktischen Geschehen des landwirtschaftlichen Betriebs in einer Schule zu unterrichten. Damit wurde nach und nach der für unabdingbar gehaltene Praxisbezug in der einjährigen Fortbildung installiert.
Da wird gebüffelt
Fortbildung? Ja, denn es wird inzwischen eine abgeschlossene landwirtschaftliche oder gärtnerische Ausbildung und mehrere Jahre Praxis vorausgesetzt. Von September bis September des nächsten Jahres wird gebüffelt und gearbeitet und mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen.
Ein Festakt war der Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten. Zu feiern galt es die Modernisierung eines zweigeschossigen historischen Gebäudes und eine Erweiterung für 1,328 Millionen Euro. Die Mittel wurden bei Spendern (320 000 Euro) bei der Stiftung Software AG mit der Hauptsumme von 900 000 Euro eingesammelt, und die Schule konnte aus Rücklagen ihrerseits 108 000 Euro beisteuern. Die Zeiten sind vorbei, wo die Schüler in Räumlichkeiten wohnen und arbeiten mussten, die früher als Kuhstall des Hofs gedient hatten. Apropos Software-Stiftung. Professor Horst Philipp Bauer von dieser Institution erinnerte in einer Festrede an die gemeinsame Geschichte von Stiftung, Dottenfelderhof und Landbauschule. Als sich der biologisch-dynamische Musterbetrieb sehr schnell entwickelte, war es der Stifter Peter Schnell, der zunächst die Entwicklung der Milchviehhaltung des Hofs förderte. Dabei war auch einer der Gesichtspunkte, innovativ auf die Ausbildung von Nachwuchs zu wirken. „Höfe und Möglichkeiten gibt es genug“, zitierte jetzt Horst Bauer eine Veröffentlichung der Landbauschule, „aber es braucht dazu auch fähige Leute“. Noch firmiert die in das Betriebsgeschehen des Dottenfelderhofs eingebettete Landbauschule als „Fachschule in privater Trägerschaft“, die insofern staatliche Anerkennung genießt, als sie als Ergänzungsschule anerkannt wird. Sie ist beim Staatlichen Schulamt lediglich anzeigepflichtig mit einer eigenständigen Abschlussprüfung.
Inhaltlich entspricht sie nicht dem staatlichen „Lehrstoff“ insofern, als sie die alternative biologisch-dynamische Landwirtschaft unterrichtet. Um staatliche Anerkennung ist die Landbauschule weiter bemüht. Bauer: „Ein nächster Schritt sollte sein, den Status als staatlich anerkannte Ersatzschule anzustreben.“ Dazu seien Modifikationen des Lehrplans nötig, aber „ohne das eigene Profil aufs Spiel zu setzen“. Bauer: „Gelingt dies, würde dies auch zu einer Aufnahme der Landbauschule in die Ersatzschulfinanzierung des Landes Hessen führen.
Lob aus Wiesbaden
Vielleicht klappt das ja. Jedenfalls ist das Jubiläum der Schule in Wiesbaden nicht unbemerkt geblieben. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), Landwirtschaftsministerin Priska Hinz (Grüne) und Kultusminister Alexander Lorz (CDU) waren voll des Lobs, hoben hervor, dass hier der dringend benötigte Nachwuchs für ökologisch ausgerichtete Höfe herangezogen werde. Und Minister Lorz konnte auf die Initiative seines Hauses unter dem Motto „Bauernhof als Klassenzimmer“ verweisen.
Die Praxis war auch wichtiger Bestandteil der Festivitäten. Die Gäste aus Nah und Fern, aber auch junge und alte Besucher konnten sich mit neuen Wegen in der Gemüsezucht, in dem bio-dynamischen Obstbau, der muttergebundenen Kälberaufzucht, der Entwicklung langfristiger Bodenfruchtbarkeit und in der wesensgemäßen Hühnerhaltung vertraut machen.
Den größten Spaß aber hatten wohl Mädchen und Jungen im Kindergartenalter, die sich von Guy Sidora in die Kinderstube des Kuhstalls entführen ließen und dort mithelfen durften, die sechs jungen Rinder mit Heu, Mohrrüben und Kraftfutter zu versorgen. Zufriedene Fressgeräusche waren ihr Lohn.