„Sonntagsöffnung von Geschäften: Familien-, kommunal- und wirtschaftsfreundlich“, darüber diskutieren Mittelständler und CDU-nahe Juristen in Bad Vilbel. Verkaufsoffene Sonntage sind überall in Deutschland Streitthema. Auch in Bad Vilbel und Karben mussten bereits ausgestellte Genehmigungen aufgrund von Klagen zurückgenommen werden.
Bad Vilbel. „Verkaufsoffene Sonntage sind ein Thema, das sehr kontrovers diskutiert wird und polarisiert“, fasst Raif Thoma, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU zusammen. Gemeinsam mit dem Landesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen in Hessen, vertreten von Jörg Frank aus Bad Vilbel, hat die MIT zu dem Abend eingeladen. Rainald Gerster, Präsident des Verwaltungsgerichts Frankfurt, informiert zunächst über die gesetzliche Grundlage.
„Die Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“, so steht es in der Verfassung des Landes Hessen. „Verkaufsstellen müssen also sonntags geschlossen bleiben.“ Ausnahmen könnten gemacht werden, wenn ein Anlass bestehe und die Ladenöffnungen sich thematisch darauf beziehen.
Onlinehandel wächst
Vor 20 Uhr muss Schluss sein, länger als sechs Stunden darf der Verkauf nicht dauern, auch dürften verkaufsoffene Sonntage in einer Stadt nur viermal im Jahr stattfinden. Auch der Bereich der geöffneten Läden müsse eingegrenzt werden, so der Richter.
Hans-Peter Laux von der Arbeitsgemeinschaft der Internationalen Handelskammer in Hessen erläutert, einiges habe sich in den vergangenen Jahren für den Einzelhandel geändert. „Der Onlinehandel gewinnt an Kunden, die Kundenfrequenzen in Städten gehen zurück“, berichtet er. Ladenmieten würden zu teuer in den Innenstädten. Kommunen versuchen aber, mit verschiedenen Mitteln gegenzusteuern: „Cleveres Immobilienmanagement, Gestaltungsmaßnahmen für die Innenstadt, öffentliches W-Lan und Stadtmarketing, das betrieben wird, können helfen“, weiß Laux. „Interessanterweise sind die Zeiten, zu denen am stärksten im Internet eingekauft wird, der Sonntagnachmittag und -abend“, stellt Laux fest.
Für die meisten, vor allem die kleineren Läden seien bei den verkaufsoffenen Sonntagen weniger zusätzlich erlöste Umsätze von Bedeutung, als vielmehr das Marketing und die Gewinnung von neuen Kunden. Die aktuelle Rechtssprechung gehe daher am Thema vorbei. „Öffentliches Interesse“ als Bedingung für einen verkaufsoffenen Sonntag wäre sinnvoller.
Doch welche Erfahrungen hat der Handel? Darüber spricht Jochen Ruths, Präsident des Handelsverbandes Hessen und Leiter eines Familienunternehmens in Friedberg. Familien seien an verkaufsoffenen Sonntagen in den Städten unterwegs, erklärt er. Kunden hätten ein anderes Gemüt an diesem Tag, die Sonntage würden auch Angestellte beflügeln, da eine angenehme Atmosphäre herrsche.
Wie Jörg Frank anmerkt, seien es Gewerkschaften und kirchliche Arbeitgeber, die den verkaufsoffenen Sonntagen kritisch gegenüberstünden, während die Kommunen als Befürworter auf Seiten der Einzelhändler stünden. (nma)