Schöneck. Die Traktoren sind los: 300 Oldtimer und historische Landmaschinen präsentierten sich zum 19. Mal auf dem Büdesheimer Festplatz. Technik und Fahrspaß nur für Männer? Mitarbeiterin Renate Casey hat sich dahin gewagt, wo die wilden Kerle fachsimpeln.
Es knattert, rattert und röhrt auf Büdesheims Straßen. Im Minutentakt fahren die Maschinen auf den Festplatz. Gesteuert von stolzen Männern mit Baseballkappen auf dem Kopf formieren sie sich in wohlgeordneten Reihen. Was erwartet mich hier? Dieselschwaden aus dicken Auspuffrohren, Jungs mit ölverschmierten Unterarmen und Schraubenschlüsseln in den Fäusten? Mit einer kleinen Portion Klischee im Kopf betrete ich die vermeintliche Männerdomäne.
„Das liegt in der Natur der Sache“, sagt Gerhard Bock, Vorsitzender des Büdesheimer Traktorenvereins auf die Frage nach den Traktor-Frauen. Diese könnten sich sehr wohl für die tuckernden Traktoren begeistern, aber: „Sie müssen eben langsam herangeführt werden.“
Also gut, ganz ohne Eile laufe ich entspannt an den Maschinen vorbei, die einst die Arbeit in der Landwirtschaft revolutioniert haben. Lanz, Hanomag, Bautz und Fendt heißen die Benziner und Dieselrösser. Zwischen ihnen fachsimpeln Männer. Vereint im gemeinsamen Hobby tauschen sie technische Details aus, lassen Kinder auf ihren Traktoren sitzen und erzählen von ihrer Liebe zu den Oldtimern.
Ich treffe Eberhard Haller aus Maintal. Sein glänzender knallroter Porsche Diesel Junior lebt schon seit 20 Jahren bei ihm. Er habe ihn damals in einem „ganz schlimmen Zustand“ für 500 D-Mark gekauft und selbst restauriert. Die Augen des Berufsfeuerwehrmannes leuchten unter der Krempe des Strohhuts, als er die Motorhaube hebt und mit einem Tuch liebevoll den Motor nachwischt. „Man kann alles sehen, sein Herz und seinen Nerv – das vermittelt ein gutes Gefühl.“ Wenn er zum Apfelweintrinken („nur alkoholfrei“) losdüst, sind nicht nur er, sondern auch Passanten begeistert und winken. Nicht schlecht für das Baujahr 1958, denke ich und schaue nach Traktorfahrerinnen aus. Und tatsächlich. Da stehen zwei Blondinen zwischen Oldtimern, sehr weiblich und sehr fröhlich. Stefanie Walter und Anke Hoffmann von den Wöllstädter Oldtimerfreunden „Vorglüher“ sind seit fünf Jahren im Verein. „Es macht uns einfach Spaß“, sagen sie und zeigen strahlend ihren Porsche von 1959 und den Massey Ferguson, Baujahr 1969. Sie halten ihre Fahrzeuge auf Trab, indem sie bei Festzügen mitfahren. „Traktorfahrer bilden eine tolle Gemeinschaft“, versichern beide. Sie seien ehrlich und hilfreich.
Der Lanz gilt als der Rolls Royce unter den historischen Traktoren. Ewald Thomas aus Büdesheim steht neben seinem Zweitakter und hat seine eigene Philosophie: „Der Lanz ist mein Boss, und ich höre auf sein Kommando.“ Der Boss ist Baujahr 1941 und wird geliebt wegen seines „unvergleichlichen Sounds“. Bevor der die Ohren erreicht, muss vorgeglüht werden. In der Verheizlampe vergast Benzin und setzt dann den Brenner in Gang. Ab unter die Motorhaube – der Lanz faucht wie eine Wildkatze. Mit dem Lenkrad wird von außen der Motor angekurbelt. Es ploppt, es zischt und tuckert, Rauchkringel puffen aus dem hohen Auspuffrohr. Die Umstehenden applaudieren. Und jetzt wird auch für mich ein Kindertraum wahr: Ich fahre hoch oben auf dem blauen Lanz eine Platzrunde.