Bad Vilbel. Elegant, transparent, ohne Prunk und Protz: so könnte die neue Bücherei aussehen – ein Meisterwerk eines großen, zeitgenössischen deutschen Architekten, Prof. Fred Angerer aus München. Endlich gibt es die ersten Bilder und Pläne für die moderne Mediathek, mit der Stadtväter und CDU im Herzen der Quellenstadt einen architektonischen Glanzpunkt setzen wollen. Aber schon zuvor wurde und wird zum Sturm gegen das Bauwerk geblasen, das ein Stück der Nidda ins Stadtleben „integrieren“ soll. Als Lokführer vor dem Zug der Verhinderer agiert die SPD, sammelt Unterschriften ganz nach dem Motto: Seid ihr dafür, dass wir dagegen sind!? Dass die Mediathek mit einem „Monsterbauwerk“, wie es sich die Genossen erklärtermaßen vorstellen, rein gar nichts zu tun hat, wussten sie bis heute noch nicht. Insofern trifft der Vorwurf der CDU-Innenstadt „Hauptsache dagegen“ (siehe BVA) ins Schwarze.
Rathauschef Dr. Thomas Stöhr, CDU-Fraktionsführer Dr. Josef Maetz und Ehrenstadtrat Klaus Minkel (CDU) betonen einhellig: „Wer klug und besonnen ist, sollte auf keine Stimmungsmache hereinfallen, sondern sich gewissenhaft selbst informieren und ein eigenes Bild machen.“ Im Interesse unserer Leser recherchierten wir nach Fakten und wurden fündig.
Bad Vilbel brauche eine Bücherei, um die aktuelle Platznot zu beenden und die Bücherei zu entwickeln. Fällt das marode Hallenbad für ein Kombibad, wonach alles aussieht, ist die Bücherei weg. Die moderne Mediathek auf einer etwa 26 Meter breiten Niddabrücke bietet sich als optimale Lösung an: Vielfach größere Fläche, heller Lesesaal, schöne Arbeitsplätze für Büchereinutzer. Und das alles zentral – Bildung im Kernpunkt der Quellenstadt. Der Standort könne „besser gar nicht sein“, erklärten die drei Christdemokraten gegenüber dieser Zeitung. Es kreuzen sich da außerdem wichtige Wegebeziehungen, genügend Parkplätze in nächster Nähe gäbe es auch.
Das Kurhaus soll entkernt und künftig als Stadthalle dienen. Ein Umbau zur Bücherei wäre nach Einschätzung der Kommunalpolitiker weit teurer als die Mediathek. Abgelegenere Standorte gäbe es im Bereich Burgpark/Alte Mühle, aber dort bestehe kein Baurecht. An anderen Plätzen wäre zuerst noch teurer Grunderwerb erforderlich, sind sich Stöhr, Maetz und Minkel einig. „Die Kombination von Bücherei, Cafe, Bistro und Nidda ist nicht zu übertreffen“, schwärmen sie. Lesen erfordere Ruhe, Muße, Entspannung, Besinnung. Und der „extrem schöne Standort über der Nidda“ schaffe genau dieses Klima, gestatte „schönste Blickbeziehungen.“ Während zurzeit Nidda und Kurpark „neben der Innenstadt liegen“, hole die Brücke sie an die Innenstadt heran. Die Mediathek wird im Erdgeschoss 16,76 Meter breit und 40,76 Meter lang, zuzüglich 6,5 Meter Stegbreite über die Nidda. Das Obergeschoss ist 19,41 Meter breit.
Das CDU-Trio Stöhr, Maetz und Minkel hat jedoch noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. Wird die Brücke gebaut, wird kostenfrei für die Stadt durch Stiftungsvermögen die Nidda zwischen Brücke und Kasseler Straße naturnah umgestaltet und verschönert. Das finde auch in den Naturschutzbehörden große Zustimmung. Die Nidda werde so in der Kernstadt für die Menschen wieder als natürlicher Fluss erlebbar. Zum Sitzen geeignete Mauern am Fluss, das Cafe auf der Brücke laden in Zukunft zum Verweilen ein.
Und nichts wird auf Pump gebaut. Die Stadt wird für die Büchereibrücke nicht mehr an Geld einsetzen als aus dem Grundstückserlös der Neuen Mitte erzielt wird. Die Humanistische Stiftung setze ihre Einnahmen ausschließlich für gemeinnützige Zwecke ein. Baukosten, die über die Grundstückserlöse hinausgehen, würden der Stadt über die Jahre hinweg aus Erträgen ersetzt, die die Humanistische Stiftung aus Vermietungen der Neuen Mitte erzielt, erklären Stöhr, Maetz und Minkel den Clou der Finanzierungsstruktur. Das finanzielle Risiko sei daher „für die Stadt bei diesem anspruchvollen Bauwerk somit überschaubar und begrenzt“. Im Zuge der Entwicklung der Neuen Mitte genieße der Brückenbau Priorität, denn zur Entlastung der Anwohner der Frankfurter Straße und der Geschäfte sei während der Bauzeit der Neuen Mitte der Rohbau der Brücke für den Baustellenverkehr unverzichtbar.
Ohne Mediathek auf der Brücke entstünde in der Neuen Mitte kein attraktiver Platz als Anziehungspunkt, geben sie zu bedenken, sondern es bliebe ein offenes Stück Straße. Zur Belebung des Einzelhandels in der Innenstadt seien aber ein Platz mit „Magnetgeschäften“ unverzichtbar, der Mediathek komme daher auch als ganz wesentlicher positiver Standortfaktor Bedeutung zu, argumentieren Stöhr, Maetz und Minkel. Ihre Partei, so die CDUler, wolle die Kultur in dieser Stadt hochhalten. Enormes habe man schon geleistet, man sei stolz auf die Musikschule, die Alte Mühle, die Burgfestspiele, die Unterstützung kulturtreibender Vereine. Damit sei man Spitze in der Wetterau. Nur die Bücherei sei Entwicklungsland. Das soll sich mit der Mediathek ändern.
„Deutschland ist das Land des Buches. Hier wurde der Buchdruck erfunden. Diese Erfindung löste die Neuzeit und den Entwicklungssprung unserer modernen Welt aus. Unser Wohlstand beruht auf dem Buch“, argumentieren sie und plädieren dafür, das Lesen zu fördern und auch bildungsferne Schichten an Buch und Bildung heranzuführen. Nur so könne der Wohlstand verteidigt werden. Daraus resultiere laut Stöhr, Maetz und Minkel: „Bücher und Bücherei sind eine Zukunftsinvestition, wie sie besser nicht sein könnte.“ Es sei ihnen klar, fügen sie hinzu, dass es wie so oft auch bei der geplanten Mediathek um eine „Auseinandersetzung zwischen Stillstand und Fortschritt“ gehe. „Für Bad Vilbel ist nur Fortschritt die richtige Alternative, weil uns Stillstand gegenüber denen zurückwirft, die fortschreiten“, argumentieren sie.
Wahr sei, so räumen Stöhr, Maetz und Minkel ein, dass Bad Vilbel als Bad-Stadt zu keiner Zeit mit großen und berühmten Bädern mithalten konnte. Trotzdem dürfe der Anspruch nicht aufgegeben werden.
„Mit Geduld und Zähigkeit lassen sich Fortschritte erzielen: Bücherei, Lesesaal, Café, späterer Ausbau des Kurhauses und Kombibad sowie die Entwicklung der Hotellerie sind solche Fortschritte“, heben sie hervor. Und daran müsse weiter gearbeitet werden. In diesem Sinne sei es an der Zeit, „für dieses wichtige Projekt zu kämpfen“. Dazu sollte ein Förderverein gegründet werden, schlagen sie vor.