Bad Vilbel. „Oh, Günther, endlich bist du wieder da, das Geld gibt es heute in bar. Oh, Johannes, immer braun gebrannt, liest Gedichte mit Verstand. Sprich uns noch mal einen Reim, das machst du wirklich fein“, sang Michael Biwer zum ausklang des Abends. Statt Eintritt war Bares für die Künstlersozialkasse erbeten. Unter dem Motto „Schreckensstarr und sehnsuchtsvoll“ hatten Günther Biwer, Johannes Frank, Jörg Stolte und Michael Biwer zuvor im voll besetzten Bistro ihrem Publikum gekonnt ein feines „Menü aus bunten Balladen“ serviert.
Auf drei der vier Vortragenden trifft formal gesehen das Zitat „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“ aus Goethes „Faust“ (Faust I, Vers 1112 f.) zu. Den Platz in ihren Seelen teilt sich die Liebe zum „Brotberuf“ mit der zur „Muse“. So beim Juristen und Vilbeler Ehrenbürgermeister Günther Biwer, beim pensionierten Pädagogen Johannes Frank und bei Salesmanager Michael Biwer, der auch als Sänger, Musiker, Schauspieler und Moderator bekannt ist. Sozialdemokrat Frank vertrat seine Partei 27 Jahre lang, von 1972 bis 1997, in der Vilbeler Stadtverordnetenversammlung, davon 16 Jahre als Fraktionsvorsitzender. Schon damals wurde ihm von Parteifreunden und Opposition in seinen Redebeiträgen rhetorisches Talent bescheinigt. So trafen mit Frank und Biwer zwei Könner zusammen.
Gewürzt hatte das Duo Biwer und Frank seine Balladen mit „musikalischen Zwischenleckereien“, die Biwer junior mit Komponist und Sounddesigner Jörg Stolte wunderbar vortrugen.
Im Laufe des Programms erfuhren die Gäste viel über Balladen. Erzählerisch vermitteln Balladen Erfahrungen und Weisheiten. Das Quartett trug populäre und weniger bekannte Beispiele vor. Thematisch aufbereitet hatten sie diese in den drei Rubriken „Gruseliges“, „Liebe und Sehnsucht“ und „Gewitztes“. Die beiden Rezitatoren Günther Biwer und Johannes Frank, Gitarrist Jörg Stolte und Sänger Michael Biwer kündigten an, die Emotionen ihrer Zuhörer „vielfältig ins Wallen“ bringen zu wollen. Gemessen am Applaus und den stürmisch geforderten Zugaben ist ihnen dies gut gelungen.
Mit „Rudern zwei ein Boot“ von Reiner Kunze endete das aus 21 Balladen, 14 Liedern und Improvisationen bestehende offizielle Programm. Sänger Michael Biwer begleitete sich bei seiner verjazzten Eigenkomposition „Sockenmann“ selbst auf dem Keyboard. Nach mehreren Zugaben entließ das muntere Quartett sein Publikum „in die dunkle Nacht“ hinaus. (fau)