Bad Vilbel. Irgendwo her muss das Wasser ja kommen, das die Stadt der Quellen prägt. Spätestens seit Samstag sind knapp 20 Teilnehmer der Stadtführung durch das „auf Wasser gebaute“ Bad Vilbel um diese Erfahrung reicher. Denn während der spannenden Erklärungen von Adrian Donath wurde die Gruppe beim Rundgang kurz vor der Burg von einem heftigen Platzregen überrascht. Schirme halfen nichts mehr, so dass nur noch die Flucht unter die Arkaden eines Geschäftshauses blieb. Diese Zwangspause nutzte der pfiffige Stadtführer, um über die St.-Nikolaus-Kirche zu erzählen, die von 1775 bis 1969 an dieser Stelle stand.
1298 wird dort eine „capelle sancti Nikolai in Velwile“ erstmals erwähnt. Möglicherweise waren die Überschwemmungen durch die Nidda ausschlaggebend, dass der Schutzheilige der Fischer, Kaufleute und Kinder, aber auch Beschützer vor Wassernot als Patron für das Gotteshaus unweit des Flusses gewählt wurde. Der Kirche wurden die Überflutungen der Nidda allerdings zum Verhängnis. Sie war in knapp zwei Jahrhunderten so feucht und morsch geworden, dazu von Schwamm befallen, dass ein Abriss unumgänglich erschien. „Heute würde man vermutlich anders entscheiden“, meinte Donath etwas wehmütig.
Vorbei an der etwas weiter vom Ufer der Nidda entfernt gebauten neuen St.-Nikolaus-Kirche steuerte die Gruppe bei mittlerweile wieder strahlendem Sonnenschein den Quellenhof an. Nach den unangenehmen Erfahrungen mit Wasser von oben und den Erzählungen über die zerstörende Wirkung von Wasser an der Oberfläche genossen die Stadterkunder dort die wohltuende Wirkung des Heilwassers aus der Tiefe der Hassia-Quelle unter der Stadt. Welcher geologischen Besonderheit Bad Vilbel seinen Quellen-Reichtum zu verdanken hat, erläuterte Donath am Gesteinskegel des 1835 vor der Volksbank gebohrten Brunnens, der 1882 den Namen „Louisen-Quelle“ erhielt. . Adrian Donath berichtete, dass bereits 300 Jahre zuvor der erste Sauerbrunnen mit seiner Wirkung gegen „Leibsblödigkeit“ bekannt war. Dieser wurde 1581 von Jacobus Theodorus Tabernaemontanus beschrieben.
Außer dem Mineralwasser hatte aber auch der Fluss von jeher eine besondere Bedeutung für die Stadt. Eine Handelsstraße von Skandinavien nach Italien, der heute im Prinzip die B 3 folgt, nutzte die Furt an der Stelle der heutigen Rathausbrücke, um zur Franken-Furt über den Main zu gelangen. Im Jahr 1338 ist die erste Brücke über die Nidda erwähnt. Lohgerber errichteten dort ihre Trockenhallen für die Tierhäute, die sie bearbeiteten. Die Lohgasse ist nach ihnen benannt, und der Gerbersteg und der Lohgerberbrunnen erinnern an sie. Auch Fischer wohnten am Fluss. Allerdings fiel die Fischergasse dem Bau des neuen Volksbank-Gebäudes zum Opfer.
Unterhalb der Brücke war die Tränke für das Vieh. Auf der Bleiche, wo heute das Kurhaus steht, wurde Wäsche gewaschen. Hohe wirtschaftliche Bedeutung hatte die Nidda als Transportweg für Schiffe, mit denen die Sandsteinblöcke vom Steinbruch in der Nähe des heutigen Pfadfindergeländes abgefahren wurden. 1836 / 37 wurde eine neue Brücke gebaut, die erst in den 1960er Jahren durch die heutige ersetzt wurde.
Außer ihren wichtigen Verkehrs- und Wirtschaftsfunktionen hatte die Nidda für die Menschen auch immer Bedeutung für die Freizeit. Alte Fotografien zeigen, wie das längst entfernte Wehr einerseits das Wasser zu den Rädern der Alten Mühle lenkte, andererseits für Badespaß genutzt wurde. Ehe die Nidda in ihr enges Kanalbett gezwängt wurde, war sie in strengen Wintern wohl auch die ideale Schlittschuhbahn.