Die Befreiung von Kita-Gebühren hat die letzte Hürde, das Stadtparlament, genommen. Sechs Stunden Betreuung pro Tag werden nun vom Land erstattet. Doch die SPD wollte noch mehr.
Bad Vilbel. Da konnte selbst Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) aufatmen. Wo sie bei den vergangenen beiden Änderungen zu den Kita-Gebühren massive Proteste als Reaktion erhielt, konnte sie nun „einmal etwas wirklich Positives“ verkünden. Doch Bad Vilbel nehme nicht nur das Angebot des Landes an, das ab 1. August sechs Stunden Betreuung – in Bad Vilbel von 8 bis 14 Uhr – erstattet und damit für Eltern kostenfrei gestaltet. „Wir haben ein in Hessen einmaliges Gesamtpaket“, hatte sich die Dezernentin in Gesprächen mit den zuständigen Landesstellen versichern lassen. Denn die Stadt halte weiterhin nicht nur am linearen Gebührensystem nach Einkommen fest, sondern biete weiterhin die Geschwisterermäßigung sowie ein komplett gebührenfreies drittes Kindergartenjahr an.
Dass das Angebot aus Wiesbaden einstimmig vom Parlament angenommen wird, schien bereits zu diesem Zeitpunkt im Stadtparlament keine Frage mehr zu sein. Dennoch entspann sich eine längere Diskussion um den „warmen Regen aus Wiesbaden und die enorme Entlastung für Eltern“, wie Grünen-Parteichef Clemens Breest die Förderung der schwarz-grünen Landesregierung bezeichnete.
Nur kleine Warteliste
Doch Breest lobte nicht nur die Entscheidung aus der Landeshauptstadt, sondern wollte die Stadt weiter in die Pflicht nehmen. „Die verengte Diskussion nur um Beitragsfreiheit reicht für die frühkindliche Bildung alleine nicht aus“, sagte er. Die Faktoren Bildungsqualität, Betreuungsplätze und Personal müssten Hand in Hand gehen, aufeinander abgestimmt werden.
Breest verwies auf Berlin: Dort gebe es genügend Plätze, aber eine schlechte Betreuungsqualität. Da sei es ein ebenfalls gutes Zeichen, dass das Land die Pauschale pro Kind für weitere Förderungen und die Ausbildung des Personals in den kommenden Jahren verdreifache. Doch angesichts zu erwartender starker Jahrgänge müsse die Stadt schneller an neuen Plätzen arbeiten. „Die neue Kita auf dem Heilsberg hätte längst gebaut sein müssen“, sagte er.
„Die Erzieherinnen leisten verdammt gute Arbeit“, nahm Freund-Hahn ihr Personal in Schutz. Und ja, es gebe eine Warteliste. Die aber sei sehr klein. „Wir stecken Millionenbeträge in den Ausbau“, argumentierte sie weiter. Und verwies dann noch auf Qualitätsstandards, die in der Region sonst niemand aufweisen könne.
Trotzdem sei nicht alles perfekt, führte Mirjam Fuhrmann (SPD) an. Sie hielt nach einem Antrag im Sozialausschuss weiterhin daran fest, nun die komplette Betreuung von 7 bis 17 Uhr gebührenfrei zu gestalten. Frankfurt werde diesen Schritt gehen. Doch kosten dort neun bis zehn Stunden bislang in der höchsten Einkommensstufe 148 Euro und damit nur wenig mehr als die vom Land nun erstatteten 135,60 Euro. In Bad Vilbel galt für die maximale Betreuung bislang ein Entgelt von 215 Euro.
Keine Zahlen erhalten
Bereits im Ausschuss kam die Befürchtung auf, dass dann die meisten Eltern ihre Kinder für die komplette Zeit von 7 bis 17 Uhr anmelden, diese Zeiten aber gar nicht nutzen. Das Personal müsse aber trotzdem bereitgestellt werden.
So erinnerte auch Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) daran, dass die Stadt bereits zweistellige Millionenbeträge in den Kita-Bereich stecke. Die monatlichen Kosten von 17 bis 22 Euro pro Extra-stunde seien wohl zu verkraften. „Eine hohe Qualität und komplette Gebührenfreiheit funktionieren nicht“, war auch Grünen-Fraktionschef Jens Matthias überzeugt. Zudem fehlt laut FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn ein Vorschlag, wo die SPD Leistungen für Bürger kürzen wolle, um das zu ermöglichen. Dazu konterte SPD-Fraktionschef Christian Kühl, dass dieser Gegenvorschlag nicht erfolge, weil das Sozialamt wegen einer vermeintlichen Software-Umstellung keine Zahlen habe liefern können. Trotzdem wurde der Vorschlag von den anderen Fraktionen abgelehnt.