Karben. So ganz geheuer ist es den Vertretern der Grünen nicht. Auf ein „kostspieliges Abenteuer“ lasse sich die Stadt ein, warnt Andreas Haufert. Denn wie viel Geld Karben für die Nordumgehung wirklich vorfinanzieren muss, das ist bislang offen.
Klar ist nur: Seit Freitagabend ist der Weg frei, dass die Kommune den auf 16 Millionen Euro taxierten Bau fürs Land vorfinanziert. Alle außer Grünen und der Linken-Stadtverordneten stimmten zu. Im Gegenzug will das Land einen Sofortvollzug anordnen und damit trotz der noch anhängigen Klage aus Groß-Karben auf mehr Lärmschutz den Weg für Detailplanung und Bau freimachen.
„Landesstraßenbau ist nicht unsere Aufgabe“, räumt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) ein. „Aber es ist für die Stadt ein enorm wichtiges Projekt.“ Nur mit der Umgehung könne die Dorferneuerung in Groß-Karben vollendet werden, könnten die Anwohner vom Durchgangsverkehr befreit werden.
Den Grünen, die sich seit Jahren gegen die Straße stemmen, ist die Vorfinanzierung dennoch zu gewagt. Die Koalition habe „ein sehr taktisches Verhältnis“ zur Haushaltskonsolidierung, sagt Haufert. „Wir können nicht einmal die Zinsen abwägen.“ Dem widerspricht der Bürgermeister. „In der Spitze werden wir vielleicht zwölf Millionen Euro zu finanzieren haben“, sagt er und rechnet dabei mit gut einer dreiviertel Million an Zinsen. „Per Saldo ist das ein gutes Geschäft“, Zuschüsse und Erträge wögen die Zinslasten auf.
Nun nicht zuzugreifen, gefährde das „Jahrhundertprojekt“, meint CDU-Fraktionschef Mario Beck. Laut aktueller Umfragen sei „die Gefahr real“, dass Rot-Grün die Landtagswahlen 2014 gewinnen könne. Von den Grünen sei dann ein Stopp beim Straßenbau zu erwarten. „Wir müssen den Sack jetzt zumachen, sonst warten wir vielleicht nochmal 40 Jahre.“
Noch zwei Hürden
Bleiben noch zwei Hürden: Zum einen die Klage. So haben die Kläger von der Bürgerinitiative „Rettet die Nidda-Aue“ gerade einen Termin verstreichen lassen, bis zu dem sie dem Rathaus signalisieren wollten, ob ihnen der von der Stadt geplante 200 000 Euro teureExtra-Lärmschutz genügt. Das berichtet Rahn.
Zugleich sieht das Gießener Verwaltungsgericht mit diesem Nachschlag womöglich den Klagegrund als abhanden gekommen an. Gespräche mit Klägern und Stadt sollen in den nächsten Wochen Klarheit bringen.
Zum anderen will sich in Karben niemand auf einen „Haushaltsvorbehalt“ einlassen, den das Land in den Finanzierungsvertrag geschrieben hat. Wiesbaden habe zwar die Rückzahlung der Gelder in Raten von je 3,65 Millionen Euro in den Jahren 2015, ’16 und ’17 sowie der Restrate 2018 zugesagt. Weil das Land noch keine mittelfristige Finanzplanung aufgestellt habe, stehe das unter dem Vorbehalt, dass der Landtag jedes Jahr zustimmt. „Wir bauchen aber mehr Planungssicherheit“, erläutert Rahn. Für sein Vorgehen bekommt der Bürgermeister Lob von der SPD. „Eine sehr vernünftige Vorgehensweise“, sagt Fraktionschef Thomas Görlich. „Das tragen wir voll mit.“ Rahn will nun weiter in Wiesbaden verhandeln. (den)