Veröffentlicht am

Ein Platz für Paul Schönfeld

Hans Puchtinger und Ulla Becker würdigen Paul Schönfeld. Gäste aus der Kommunalpolitik und auch einige Bürgerinnen und Bürger wohnen der Feierstunde am Rathaus bei. Foto: Jürgen Schenk
Hans Puchtinger und Ulla Becker würdigen Paul Schönfeld. Gäste aus der Kommunalpolitik und auch einige Bürgerinnen und Bürger wohnen der Feierstunde am Rathaus bei. Foto: Jürgen Schenk

Karben. Ehre, wem Ehre gebührt – wenn auch mit drei Jahrzehnten Verspätung. Seit Freitag trägt der Platz hinter dem Rathaus, bisher bekannt als Nidda-Terrasse, den Namen »Paul-Schönfeld-Anlage«.
Eine passendere Stelle hätte für diese Ehrerweisung wohl kaum gefunden werden können. Denn es ist genau der Ort, wo Karbens verstorbener Ehrenbürgermeister Paul Schönfel, dereinst das Herz der neu gegründeten Stadt zum Schlagen brachte. Hier, am linken Ufer der Nidda, entstand unter seiner Regie damals so etwas wie Karbens erste Mitte. Ein Zentrum für die Bürgerinnen und Bürger, das jene auch genauso tauften.
Überall Spuren
hinterlassen

Es ist nur eines von vielen Vermächtnissen, die Schönfeld während seiner 18-jährigen Amtszeit als Bürgermeister von 1974 bis 1992 hinterlassen hat. Hans Puchtinger und Ulla Becker, die lange Wegbegleiter des SPD-Kommunalpolitikers waren, erinnerten anlässlich der feierlichen Platzeinweihung anekdotenreich an Schönfelds Wirken in der Stadt. Einen Satz, den der Klein-Karbener oft gesagt habe, nannte Puchtinger symbolisch für dessen ganzes Handeln: »Ich denke Tag und Nacht an diese Stadt.« So habe Paul Schönfeld bis zu seinem Tod im März 1998 gedacht und gelebt. »Er hat das Fundament der Stadt gelegt und seine Pflöcke eingeschlagen. Seine Spuren kann man überall erkennen«, sagte der Ehrenstadtrat aus Groß-Karben.
Zu Schönfelds sichtbaren Spuren in Karben gehört neben dem Bürgerzentrum auch das Hallen- und Freizeitbad. Dieses Projekt war eine Herzensangelegenheit des »Rekordbürgermeisters«, obwohl er selbst gar nicht schwimmen konnte, wie seine Tochter Michaela Berger kürzlich dieser Zeitung erzählte. »Eine Stimme hat damals in der Stadtverordnetenversammlung den Ausschlag gegeben, dass das Schwimmbad überhaupt gebaut werden konnte«, erinnert sich Puchtinger. »Heute ist es eine helle Freude, wenn man morgens die vielen Schulklassen kommen sieht, die dort Schwimmunterricht haben.«
Viele Millionen D-Mark seien in der Anfangszeit in städtische Projekte geflossen, spannte Puchtinger den Bogen weiter. Er nannte unter anderem den Ausbau des Gewerbegebietes und des Abwassernetzes, die Beseitigung der beschrankten Bahnübergänge sowie die Ansiedlung des Berufsbildungswerkes Südhessen, »das Bad Vilbel auch gerne gehabt hätte«. Auch die Verschwisterung mit anderen Städten habe Schönfeld immer vorangetrieben.
Trotz der hohen Kosten hätten die städtischen Finanzen während Schönfelds Amtszeit immer gestimmt, betonte der Laudator. »Viele haben ihn als geizigen Bürgermeister verschrien. Aber das war er nicht. Er war einfach jemand, der mit dem Geld der Bürger sparsam umgegangen ist.« Die Stadtkapelle Karben ist ebenfalls ein Kind des Geehrten. Aus elf Musikern hat sich das heute 500 Mitglieder zählende Ensemble anfangs zusammengesetzt.
Vergleich mit
Architekten

Bei der Trauerfeier für Paul Schönfeld auf dem Klein-Karbener Waldfriedhof, das berichten zeitgenössische Quellen, wurde der Can-Can aus Offenbachs »Orpheus in der Unterwelt« gespielt. Damit ging ein letzter Wunsch des Verstorbenen in Erfüllung. Fast 300 Gäste aus allen Bereichen der Bevölkerung wurden damals zu Augenzeugen. »Die Trauergemeinde war so groß, dass die meisten Anwesenden in der Trauerhalle keinen Platz fanden«, heißt es in der Wetterauer Zeitung vom 19. März 1998. Der damalige Bürgermeister Detlev Engel verglich Schönfeld bei diesem Anlass mit einem Architekten, dem es gelungen sei, aus sieben Dörfern eine Stadt zu schmieden.
Becker und Puchtinger brachten ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass der Platz jetzt Paul Schönfelds Namen trägt. Gleichwohl hätten sie es noch besser gefunden, wenn das ganze Rathaus nach ihm benannt worden wäre. Mit Enttäuschung reagierte Michaela Berger indes auf die aus ihrer Sicht viel zu späte Würdigung ihres Vaters. An der Feierstunde hat sie nicht teilgenommen.
Von Jürgen Schenk