Bad Vilbel. Elsa Guddat ist ein echtes Christkind. Sie erblickte das Licht der Welt vor 107 Jahren am 24. Dezember 1903 im thüringischen Kolkwitz. Das kleine beschauliche Dorf liegt mitten im grünen Herzen Deutschlands, im romantischen und vielbesungenen Saaletal. Hineingeboren wurde die kleine Elsa Kellner, wie sie mit Mädchennamen hieß, in eine von Monarchen beherrschte Welt. In Berlin regierte damals Kaiser Wilhelm II., in Wien Kaiser Franz Josef I. und in Petersburg hatte Zar Nikolaus II. das Sagen.
Elsa wuchs mit sieben Geschwistern auf einem Bauernhof auf. Nach dem Schulbesuch machte sie eine Ausbildung zur Köchin. Um dann aus der beschaulichen Provinz in die Weltstadt Berlin aufzubrechen. Dort lernte sie einen jungen feschen Konzertmeister kennen und lieben. Das Paar heiratete Mitte der 20er Jahre und zog das einzige Kind Horst groß. Gemeinsam mit ihrem Mann betrieb sie in Berlin ein Musik-Instrumenten-Geschäft. Nach dem Tod ihres Mannes in den 60er Jahren zog sie von Berlin nach Frankfurt. Dort lebte ihr vor 20 Jahren verstorbener Sohn.
Seit 1974 wohnt Elsa Guddat im Alten- und Pflegeheim Heilsberg. Beim Personal ist die rüstige Seniorin, die mit Vorliebe Volksmusik hört, sehr beliebt. „Sie ist ein positiver Mensch“, sagt Heimleiter Matthias Schnitzler. Bis vor acht Jahren nahm sie noch an Ausflügen teil. Immer wieder gern besuchte die Blumenliebhaberin den Frankfurter Palmengarten. „Meine Oma liebt Blumen und Pflanzen über alles. In wirtschaftlich schweren Zeiten verkaufte sie Blumensträuße, die sie in ihrem kleinen Garten gezogen hatte“, berichtet Enkelin Sabine. „Kochen, Wandern und Singen waren ihre drei liebsten Hobbys.“
Einfach war das Leben von Elsa Guddat nicht. Sie erlebte den Niedergang der Monarchie, zwei Weltkriege, Belagerung, den Einmarsch der russischen Armee und die entbehrungsreichen Nachkriegsjahre im zerbombten Berlin hautnah mit. Einige Erlebnisse mit den Besatzern verursachen ihr noch heute Albträume. Dennoch ist sie nicht verbittert und versucht dem Leben stets die positive Seite abzugewinnen. Sie steht auch mit 107 Jahren noch jeden Tag auf, nimmt ihre Mahlzeiten mit anderen Bewohnern zusammen im Gemeinschaftsraum ein. Auch wenn sie schlecht sieht und hört, was die Kommunikation mit ihr erschwert. „Inzwischen lebt sie in ihrer eigenen Welt“, sagen ihre Pflegerinnen. Dennoch bekommt sie noch vieles mit, was um sie herum passiert. Als Heimleiter Schnitzler kurz den Platz einer Pflegerin einnahm, um Elsa Guddat an ihrer Stelle weiter zu füttern, machte die Seniorin den Mund nicht auf. Sie aß erst weiter als ihre Pflegerin zurückkam. Enkelin Sabine besucht mit ihrem Mann jeden Sonntag ihre Oma.
Zum Gratulieren reisen am Heiligabend drei Enkelinnen, zwei Ur-Enkel und drei Ur-Enkelinnen aus Deutschland und Holland an. Die Glückwünsche der Stadt Bad Vilbel überbringt Stadträtin Hildegard Nölke.