Niederdorfelden. Die Corona-Krise stellt nicht nur die Menschen in Bezug auf ihre Gesundheit und ihren Lebensgewohnheiten vor ungeahnte Herausforderungen. Die Pandemie mit all ihren Regeln löst auch bei den Verwaltungen einen puren Stresstest aus. Klaus Büttner, Bürgermeister in Niederdorfelden, gibt Einblicke in seinen derzeitigen Alltag.
Läden, Fabriken und Werkstätten kann man von heute auf morgen schließen. Dazu bedarf es lediglich einer Anordnung oder eines Gesetzes. Mit einer Stadt oder einer Gemeinde kann man das hingegen nicht machen. Äußersten Falles kann ein Rathaus den Besucherverkehr unterbinden, nicht aber das Arbeiten gänzlich einstellen. Die Verwaltung muss jederzeit bereit sein, mit Maßnahmen oder Krisenplänen auf unvorhergesehene Dinge zu reagieren. Auch erwarten die Bürger, dass sie zumindest im Rathaus Antworten auf Fragen bekommen, die in Krisensituationen immer wieder auftauchen. Das Bürgerbüro muss deshalb zumindest stundenweise besetzt sein.
Allerdings haben die Bürgermeister Verantwortung für ihre Mitarbeiter, denn auch ihre Gesundheit ist gefährdet. Diese Aufgabe zu meistern, stellt sich Bürgermeister Klaus Büttner (SPD). »Natürlich mussten wir die Arbeitsweise im Rathaus umstellen, denn unsere Büros sind klein und die Schreibtische stehen eng beieinander«, erklärt Büttner. Acht Festangestellte und vier Teilzeitkräfte arbeiten in der Verwaltung der 3800-Einwohner-Gemeinde. Deren Arbeitszeit galt es so neu einzuteilen, dass möglichst immer nur eine Person in jedem Büro sitzt.
Steuereinnahmen
So ist wochentags jedes Telefon besetzt und jede Anfrage kann zumindest entgegengenommen werden. »An den Wochenenden machen Fachbereichsleiter Thomas Keitel und ich Notdienst. Der eine in der oberen und der andere in der unteren Etage«, erklärt er die neue Arbeitsteilung und fügt mit sichtlich gequälten Lächeln hinzu: »Das ist wirklich Stress pur – und zwar für alle.«
Da in dieser Zeit wegen des Annäherungsverbots keine Gemeindeorgane, wie der Gemeindevorstand, die Gemeindevertretung oder die Ausschüsse zusammenkommen können, organisiert Büttner notwendige Entscheidungen entweder telefonisch oder im Umlaufverfahren. »Das hat bisher ganz gut funktioniert, weil alle die außergewöhnliche Situation akzeptieren«, berichtet Büttner. Er ist sich aber auch sicher, dass die großen Herausforderungen durch das Wegbrechen der Steuereinnahmen erst noch kommen werden.
»Glücklicherweise haben wir noch Rücklagen aus den Verkaufserlösen des ersten Wohngebietes. Die werden jetzt wohl draufgehen«, vermutet der Rathauschef. Doch die schwarze Null, zu der er seinen Gemeindehaushalt in den vergangenen Jahren geführt hat und auf die er stolz ist, sei wohl dahin.
Sorge um Häuslebauer
Sorge bereitet ihn das neue Wohngebiet, das zurzeit entlang der L 3008 entsteht. Zwar seien alle Grundstücke verkauft, doch noch nicht alle restlos bezahlt. Weil die Corona-Krise auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben werde, befürchtet Büttner, dass so mancher Bauherr seinen Kaufentschluss noch einmal überdenken werde.
Um für seine Niederdorfeldener da zu sein, unternimmt er täglich Rundgänge durch die Gemeinde. Er achtet dabei darauf, dass sich wegen des Annäherungsverbotes keine Grüppchen bilden, dass vor den Einkaufsläden und der Apotheke die Abstände in den Warteschlangen eingehalten werden. »Strafen bei Verstößen habe ich bisher jedoch noch nicht ausgesprochen. Es reicht meist ein mahnendes Wort oder nur ein Handzeichen. Die meisten Leute achten aber von sich aus auf den gebührenden Abstand«, sagt Büttner.
Bürgertelefon
Niederdorfelden hat für seine Bürger zu Corona-Fragen ein Bürgertelefon eingerichtet. Zu erreichen ist die Stadtverwaltung unter der Rufnummer 0 61 01/53 53-30.
Weitere Informationen gibt es unter der Corona-Telefonberatung der hessische Landesregierung, Tel. 08 00/5 55 46 66, täglich von 8 bis 20 Uhr. Auch der Main-Kinzig-Kreis bietet ein Bürgertelefon an unter der Rufnummer 0 60 51/8 51 00 00. Es ist von Montag bis Donnerstag von 9 bis 18 Uhr sowie Freitag bis Sonntag von 9 bis 15 Uhr besetzt. (jwn)