Okarben bekommt wieder eine Nahversorgung. Mitte Mai soll das neue „Lädchen für alles“ dort öffnen. Der Dorfladen aus dem Hause Tegut wird vom Berufsbildungswerk betrieben.
Karben. Dass ein Projekt wie der Dorfladen für Okarben seine Zeit brauche, „das ist ganz normal“, sagt Knut John, bei der Fuldaer Supermarktkette Tegut zuständig für das Projekt „Lädchen für alles“. „Viele, viele, viele Beratungen“ seien nötig gewesen, bestätigt Renée Eve Seehof, die Geschäftsführerin des Berufsbildungswerk Südhessen (BBW). Am Freitagnachmittag gab es im BBW Südhessen mit den Unterschriften unter den gemeinsamen Vertragsvereinbarungen den Startschuss für den Dorfladen in Okarben.
„Wie war das eigentlich?“ Knut John begrüßt Karbens Wirtschaftsstadtrat Otmar Stein (CDU) mit einer Frage. „Ich habe extra nachgeschaut“, sagt Stein. „Am 8. September 2011 sind wir durch die Stadt gefahren. Da sieht man, wie die Zeit vergeht.“ John nickt: „So lange ist das schon her.“
Für Ortsbeiratsmitglied Raif Toma (CDU) war das lange Warten kein Problem: „Uns ist die Langfristigkeit wichtig“, sagt er, damit besonders ältere Menschen oder auch junge Mütter wieder eine Nahversorgung im Ort hätten. „Die Einwohner können wieder zu Fuß einkaufen gehen“.
„fair.kauf“ zieht um
Als er in der Zeitung vom Modell „Lädchen für alles“ las, habe er sofort bei Tegut angerufen, erinnert sich Stadtrat Stein. „Herr Stein hat den Stein ins Rollen gebracht“, ist ihm Tegut-Mann John dafür dankbar. „Wir suchen selbst nicht nach Standorten, sondern lassen uns ansprechen.“
Mit Grund: Nur wenn viele Kräfte hülfen, seien die Dorfläden überhaupt überlebensfähig. „Am besten ist es, wenn eine diakonische Einrichtung den Betrieb übernimmt“, erklärt John. Doch weder den Standort noch die Kooperation mit dem BBW „hätten wir beide ohne Stein in Erwägung gezogen“, sagt er und Renée Eve Seehof nickt. Dabei sei der Anstoß der Stadt genau im richtigen Moment gekommen, sagt die BBW-Chefin: Gerade habe man einen publikumsträchtigeren Standort für den bisher auf dem BBW-Gelände gelegenen „fair.kauf“-Laden gesucht, indem die eigenen Produkte verkauft werden. Das wird künftig ebenfalls im „Lädchen“ geschehen. „Das ist sehr gelungen für unser Konzept der Ausbildung in der Praxis“, sagt Seehof. Hauptsächlich werden aber 4000 Artikel angeboten – zum normalen Marktpreis, wie John betont.
Lokalpatriotismus
Zum Vergleich: Ein großer Tegut-Markt bietet 15 000 bis 20 000 Artikel, ein Discounter wie Aldi meist 1000. Die Stadt hilft dem Dorfladen mit einer Anschubfinanzierung von 10 000 Euro. „Wir hatten uns mehr erhofft“, sagt BBW-Chefin Seehof. „Aber wir sind dankbar dafür.“ Das „Lädchen“ auf 200 Quadratmetern im alten Schlecker-Markt mitten im Ort soll am 15. Mai öffnen. So lange brauchen Tegut und BBW für Umbau und Einrichtung, da etwa die Kühltechnik auf Maß erst produziert werden müsse, wie John erklärt. Mit einem Café solle sich der Laden zu einem Treffpunkt entwickeln, samt Außenbewirtschaftung auf dem Platz vor dem Laden zu Friedhofsweg und Hauptstraße hin, der bisher für drei Parkplätze genutzt wird.
Mit dem Start des neuen Ladens will die Stadt den wöchentlichen Einkaufsbus ins Selzerbrunnencenter einstellen. „Dann kann man ja im Ort alles einkaufen. Wir müssen einen regionalen Patriotismus schaffen“, so Toma. (den/cwi)