Vor 25 Jahren im April nahm das Kulturzentrum Alte Mühle seinen Betrieb auf. Aus der alten Getreidemühle mit ihrem Speicherturm wurde ein Mekka für Kunst- und Kulturliebhaber und ein beliebter Treffpunkt für die Bad Vilbeler Bürger.
Bad Vilbel. Die Alte Mühle, wie das Kulturzentrum liebevoll von den Vilbelern genannt wird, spiegelt die Aufbruchsstimmung vor 25 Jahren wider. „Sie soll ein Mittelpunkt städtischen Lebens sein, den Bürgern ein Ort, an dem sie sich selbst finden, selbst verwirklichen und erkennen können“, wünschte sich 1991 zur Eröffnung Günther Biwer (CDU, Bürgermeister von 1980 bis 2004). Es solle nicht nur Kultur zum Konsumieren angeboten werden, sondern auch zum Selbst-Machen, mit Amateurtheater, Kleinkunst, Musik, Kino und Workshops. Als Gebäude für seine Vision hatte er sich den leerstehenden alten Getreideturm an der Nidda gegenüber der Wasserburg ausgeguckt.
Biwer und die damalige Stadtregierung hatten den Blick für das Potenzial dieses Gebäudes erkannt und integrierten es in die Stadterneuerung. So entstand eine Kulturmeile mit der Alten Mühle, dem Alten Rathaus, der Wasserburgruine und der Zehntscheune. Es war ein Meilenstein in der Entwicklung Bad Vilbels zu einer lebendigen Kulturstadt, vergleichbar mit dem Bau der Neuen Mitte und Bibliotheksbrücke.
Bildschätze gefunden
Sechs Jahre dauerte es vom Kauf des Mühlenturms am 12. November 1985 für gut 1,2 Millionen Mark bis zur feierlichen Eröffnung des Kulturzentrums am 19. April 1991. Die Architekten Menzel & Moosbrugger aus Heusenstamm hatten den Architektenwettbewerb gewonnen, weil sie den Forderungen nach dem Erhalt des „Fabrikcharakters“ am weitesten nachgekommen waren.
Ein Gebäudeteil musste abgerissen werden, die Fundamente des Mühlenturmes erhielten Stahlbetonpfähle, und das oberste Stockwerk musste ebenfalls verstärkt werden. Die Baukosten wurden mit 7,8 Millionen Mark beantragt und vom Stadtparlament genehmigt. Zehn Millionen Mark kostete letztlich der Ausbau.
„Wer heute das Kulturzentrum besucht, fragt sich, warum es Alte Mühle genannt wird und was daran überhaupt alt sein soll“, sagt Annette Zindel-Strauß vom Fachbereich Kultur der Stadt. Zusammen mit Gesine Otto vom Theater Alte Mühle und FSJlerin Maike Göbel sitzt sie über alten Fotos aus der Bauphase des Kulturzentrums und der Zeit davor.
Im Archiv der Stadt Bad Vilbel sind sie fündig geworden und nun glücklich über die Bildschätze, die sie mit Hilfe von Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann ausgegraben haben. Sie erlauben einen Blick zurück in die Zeit vor 1960, als die Nidda noch nicht begradigt war und der fünfstöckige Mühlturm mit Wirtschaftsgebäuden wie auf einer Insel zwischen Mühlgraben und Nidda lag. Die Nidda machte damals noch eine große Schleife nach Westen. Schräg gegenüber des Mühlturms lag das massive Wehr. Mit der Begradigung der Nidda wurden die Schleife und der Mühlgraben verfüllt.
Das ursprüngliche alte Mühlgebäude, das eine lange Geschichte mit wechselnden Müllern von 1380 bis in die Neuzeit hatte, lag romantisch direkt an der Nidda. 1942 wurde es Opfer des Niddahochwassers und stürzte ein. Der fünfstöckige Mühlturm, der 1900 als schlichtes Lagerhaus mit einem elektromotorischen Antrieb für das Mahlwerk der Mühle gebaut wurde, blieb stehen.
In den 1950er-Jahren stellte die Getreidemühle ihren Betrieb ein. „Der Charakter der historischen Mühlenanlage lebt vor allem durch die Lage der noch bestehenden Gebäude in einer auenartigen Wiese an der Nidda fort, die vereinheitlichend an die Stelle von Wehr, Mühlgräben und schon angesprochener Insel getreten ist“, heißt es in der Denkmaltopografie Hessen über das Bauwerk.
Im einstigen Mühlturm ist die Musikschule untergebracht, Restaurant-Café und die Galerie. Neu entstanden sind vor 25 Jahren das Foyer und der Veranstaltungsraum mit Platz für bis zu 180 Zuschauer. Außerdem wurde eine Künstlerwohnung mit eigenem Probenraum eingerichtet.
Historischen Charme hat das zur Lohstraße gelegene dreiflügelige Fachwerkensemble mit dem alten Wohnhaus der Mühle und dem Wirtschaftsgebäude. Dort ist der für die Alte Mühle zuständige Bereich des Kulturamts von Bad Vilbel mit Tagungsraum untergebracht, außerdem eine Künstlerwohnung und eine Töpferwerkstatt.
„Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt Annette Zindel-Strauß, die vor drei Jahren von der Außenstelle des Kulturamtes im Kurhaus wieder hierher gezogen ist. Aus der ehemaligen Künstlerwerkstatt im Parterre ist ein Gemeinschaftsbüro mit viel Atmosphäre entstanden, in dem die Schreibtische von Gesine Otto, der FSJlerin Göbel und Zindel-Strauß Platz haben.
Die alten Türen und Fenster haben ihren eigenen Charme, ebenso wie der Holzfußboden und eine Wendeltreppe ins obere Stockwerk. Auch Dennis Di Rienzo, der seit 25 Jahren das Kino Alte Mühle verantwortet, hat ein Stockwerk höher sein Büro.