Bad Vilbel. Technische Entwicklungen und gewandelte Familienstrukturen sind Kennzeichen einer veränderten Lebensumwelt, die Einfluss auf das Freizeit- und Lernverhalten von Heranwachsenden nehmen. Auf Einladung der AWO referierte Waltraud Legner, Leiterin der Robert-Schumann-Schule in Heddernheim, über Zusammenhänge zwischen Freizeit und Bildung.
„Urbanisierung, Mediatisierung, sozialer Umbruch oder Globalisierung“, zitierte sie Schlagworte, die auch die Lebensumstände von Kindern prägen. Persönliche Erfahrungen ihrer eigenen Kindheit, als Mutter und Großmutter oder ihrem Berufsalltag als Schulleiterin, verband Legner mit aktuellen Studienergebnissen. Dabei galt ihr Augenmerk den Wechselwirkungen von Bildung, Freizeit, Gesundheit und Chancengleichheit. „Denn Bildung findet an vielen Orten statt“.
Der Lebensraum der Kinder seien zunehmend die Städte. Oft fern von familiären Netzwerken wie Großeltern gestalten Kinder ihre Freizeit vermehrt zu Hause. „Man kann nicht mehr so leicht einfach rausgehen“, fasst Legner die Sorgen vieler Eltern zusammen, deren Konsequenz häufig organisierte statt spontane Freizeitaktivitäten seien.
Wurden in ihrer Grundschulzeit noch die Flüsse und Gebirge der nächsten Umgebung unterrichtet, bearbeiten Schüler gleichen Alters heute bereits Europa. Dieser Globalisierung stehe eine wachsende Verhäuslichung gegenüber. Kamen viele der Elterngeneration noch ohne Fernseher aus, zähle er heute zu den wichtigsten Freizeitbeschäftigungen und ersetzt nicht selten Betreuung.
Neben TV haben auch Gameboy, Computer und Handy Einzug in die, mit Spielzeug reich ausgestatteten, Kinderzimmer gehalten. „Doch gerade im Mangel steckt die Kreativität“, ermutigt Legner Eltern zum kritischen Umgang mit Konsumdruck. „Haltungsschäden, Übergewicht und Koordinationsschwächen“ als Folgen von Bewegungsmangel seien häufig zu beobachten. Aber gerade Bewegung fördere Aufnahmefähigkeit und daher setzen moderne pädagogische Konzepte zunehmend auf Bewegung, auf Lernen an Stationen und in Wissenslaboren.
Mit wachsendenr Zahl an Ganztagsangeboten wirke die Schule stärker in den Freizeitbereich. „Konzentration, Geschicklichkeit, soziale Kompetenz und Durchhaltevermögen sind Basisqualifikationen, die im Freizeitbereich erworben werden“ und die in Schule und Arbeitsleben gebraucht werden. Die kulturellen Freizeitangebote werden ständig ausgebaut, doch Eltern und Kinder nutzen diese nicht, da etliche Kinder nach der Schule kaum betreut sind, so Legner. Um dagegen zu wirken, fordert sie die Anhebung des Ausbildungsniveaus und der Vergütung von Erziehern, bessere Betreuung vor allem in sozialen Brennpunkten.