Karben. Eigentlich galt sie als kaputt, sogar als irreparabel: die Glocke auf der Friedhofskapelle in Groß-Karben. Mindestens zwei Jahre gab sie keinen Ton von sich, die Technik aus den 1960er Jahren hatte ihren Geist aufgegeben und eine Neuanschaffung wäre aufwendig und teuer geworden.
Diesen Zustand wollte Thorsten Winter, Chef des gleichnamigen Karbener Bestattungsinstituts, nicht länger akzeptieren und schritt zur Tat. Als Bestatter wisse er um die Wichtigkeit der Glocke, deren Schläge den Verstorbenen auf dem letzten Weg von der Trauerhalle zum Grab begleiten sollen, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. »Ich habe zu dieser Glocke eine besondere Verbindung, da ich schon als jugendlicher Konfirmand bei Beerdigungen für das Läuten der Glocke zuständig war«, sagt Winter.
Auch für die Groß-Kärber habe diese Glocke eine besondere Bedeutung, meinte Winter und wandte sich an seinen Freund Wolfgang Roth. Gemeinsam nahmen sie die vermeintlich irreparable Glocke und deren Technik einmal genau unter die Lupe. Roth hatte als junger Erwachsener bei der Post gelernt, Elektrotechnik und Schaltpläne sind seine Welt. Doch die Technik, die er im Läutewerk vorfand, brachte auch ihn kurz zum Schwitzen.
Also wandten sich die beiden an die Herstellerfirma des Läutewerks, die glücklicherweise immer noch existiert. Dort konnten die zwei wertvolle Informationen recherchieren, um einen neuen Schaltplan zu erstellen. Daraufhin begab sich Wolfgang Roth mit Lötkolben und erweitertem Sachverstand erneut auf das Dach der Friedhofskapelle.
Knopf muss nicht mehr gehalten werden
Zwei Stunden dauerte der Ausbau der Anlage, gut gesichert in luftiger Höhe. Anschließend erweckte Roth das Läutewerk in Heimarbeit zu neuem Leben. Dass die verbaute Technik aus längst vergangenen Tagen stammte, geriet ihm dabei nur zum Vorteil, immerhin war es ihm nur deswegen möglich, alles mit den Grundlagen der Elektrotechnik zu reparieren. Kurz darauf konnte die Anlage wieder eingebaut werden.
Roth und Winter installierten sogar einen Timer, so kann nun voreingestellt werden, wie lange die Glocke läuten soll und niemand muss mehr mehrere Minuten den entsprechenden Knopf gedrückt halten.
Dank des ehrenamtlichen Engagements von Winter und Roth kann die Groß-Karbener Friedhofsglocke wieder seit einiger Zeit läuten. Da Roth bei seiner Arbeit extra einen neuen Schaltplan erstellte und alle technischen Unterlagen sorgsam aufbewahrt, kann die Glocke jederzeit von einem anderen Fachmann gewartet werden. »Die Glocke ist ein wichtiger Bestandteil des Groß-Karbener Friedhofs«, sagt Bürgermeister Guido Rahn. Er dankte Winter und Roth sehr für ihr Engagement. »Nun werden wir uns darum kümmern, dass der kleine Glockenturm auch äußerlich noch schöner wird.« (zlp)