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Diakonieverein plant für die Zukunft

Arbeiten intensiv an einer Strategie für die Zukunft des Diakonievereins: Anita Thilthorpe (l.), die aus dem Vorstand ausscheiden wird, und Einsatzleitung Christel Bleckwehl-März, die sich als Vorsitzende zur Verfügung stellen wird. Foto: Jana Sauer
Arbeiten intensiv an einer Strategie für die Zukunft des Diakonievereins: Anita Thilthorpe (l.), die aus dem Vorstand ausscheiden wird, und Einsatzleitung Christel Bleckwehl-März, die sich als Vorsitzende zur Verfügung stellen wird. Foto: Jana Sauer

Karben. Sie wirken fast im Verborgenen. Sie geben ihre Zeit, um Pflegende zu entlasten oder kranken Menschen zur Seite zu stehen: Die Helferinnen und Helfer des Karbener Diakonievereins. Nun wird ein neuer Vorstand gewählt. Weitere Engagierte sind willkommen.
Ein Senior, der in einem gemeinsamen Tänzchen einen Moment der Freude findet – weil er dement ist und sich so daran erinnern darf, wie gern er als junger Mann getanzt hat. Eine Dame im Pflegeheim, die offiziell zwar versorgt ist – aber dankbar ist, dass ihr jemand die kaputte Brille zum Optiker bringt. Eine Ehefrau, für die ein Spaziergang eine wichtige Auszeit ist – weil sie ihren Mann pflegt und durch den Einsatz des Diakonievereins einen Moment durchschnaufen kann.
All diese bedeutenden Momente der Zuwendung haben jüngst auf der Kippe gestanden. Denn der Vorstand des Karbener Diakonievereins wird sich mit der Mitgliederversammlung Ende September völlig neu aufstellen müssen und ist dazu weiter auf der Suche nach Mitstreitern. »Wir betreuen aktuell 22 Einsatzstellen«, sagt Einsatzleitung Christel Bleckwehl-März. »Für einige von ihnen wäre ein Ende unserer Arbeit eine Katastrophe.«
Stütze in der Karbener
Pflegelandschaft

In der Tat ist der Diakonieverein eine bedeutende Stütze in der Pflegelandschaft, auch wenn die Mitarbeitenden keine pflegerischen Maßnahmen erbringen dürfen, also beispielsweise keine Medikamente verabreichen. »Wir schenken Zeit, die andere nicht haben«, sagt Anita Thilthorpe als scheidendes Vorstandsmitglied. Dazu zählen Dinge, die in der Pflege oft zu kurz kommen: Gespräche, eine Begleitung zum Arzt, Entlastung der pflegenden Angehörigen. 2023 wurden fast 3000 Arbeitsstunden geleistet, im laufenden Jahr waren es bis Mitte September bereits über 1900.
Doch das benötigt Menschen, die die Vereinsgeschicke lenken – und diese Truppe ist geschwunden. »Viele von uns sind jetzt selbst in einem Alter, in dem die Kräfte nicht mehr reichen«, sagt Thilthorpe, die bislang Schatzmeisterin war und ihren Posten abgeben wird. Die bisherige Vorsitzende, Mieke Genserowski, ist 79 Jahre alt. Zwei Vorstandsmitglieder könnten aus Krankheitsgründen – entweder sie selbst oder im engen Familienkreis – nicht weitermachen. So werden bis auf den Schriftführer-Posten alle Ämter neu zu besetzen sein – und das in Zeiten, in denen Vereine jeglicher Art händeringend Freiwillige suchen. »Unser Ziel ist aber, die Vorstandsarbeit auf mehr Schultern zu verteilen, sodass der Aufwand für jede Einzelne überschaubar bleibt«, sagt Thilthorpe.
Mittlerweile hat das verbleibende Team um Einsatzleitung Bleckwehl-März dazu eine Strategie. »Nachdem es vor wenigen Wochen sehr schlecht ausgesehen hat, blicken wir nun zuversichtlich auf die bevorstehende Wahl«, sagt sie. Eine potenzielle Kassiererin stehe in den Startlöchern, ebenso habe sich eine Interessentin für den Vizevorsitz gefunden. Dafür hatte der Verein hart gearbeitet, hat Kirchenvorstände und Pfarrer mit ins Boot geholt und ein Schriftstück auf die Webseite der evangelischen Gesamtkirchengemeinde gesetzt – mit Erfolg. Für den Posten der Vorsitzenden wird sich Bleckwehl-März zur Verfügung stellen. Das sei aufgrund ihrer Rolle als Einsatzleitung zwar nicht optimal, vereinsrechtlich aber machbar. »Und mir ist der Verein so ans Herz gewachsen, dass ich mich zur Verfügung stelle, damit es überhaupt weitergeht.« Denn im schlimmsten Fall hätte der 1991 gegründete Verein abgewickelt werden müssen, das Vermögen wäre an die Kirche gegangen. Nicht nur für die betreuten Menschen, auch für die aktuell 15 Mitarbeitenden wäre das dramatisch gewesen: »Viele sind schon lange dabei und eng mit ihren Einsatzstellen verbunden«, weiß Bleckwehl-März um das Loch, das ein Auflösen des Vereins reißen würde. Darüber hinaus seien alle Mitarbeitenden in Rente und der kleine Dazuverdienst oft wichtig, um die Rente aufzubessern.
Dabei hatte gerade der Vorsitz in den vergangenen Jahren schon mehrfach Sorgen bereitet. Die langjährige Vorsitzende Karin Franzeck war 2022 gestorben, nach verzweifelter Suche nach einem Nachfolger hatte sich Conny von Schumann aus Petterweil bereit erklärt – nach nur einem halben Jahr Amtszeit jedoch »aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen« im April 2024 wieder aufgehört.
»Unser Ziel ist, hier wieder Stabilität zu schaffen«, sagt Bleckwehl-März. Dass sie sich zur Verfügung stellt, ist aus ihrer Sicht nicht zwingend eine langfristige Lösung. Vielmehr sei durchaus denkbar, nach einer kurzen Einarbeitung an ein neues Vorstandsmitglied zu übergeben.
Mitarbeitende
gesucht

»Wir brauchen noch ein bis zwei Mitarbeitende, in welcher Form auch immer«, appelliert Bleckwehl-März. Darüber hinaus werden weiter Menschen gesucht, die ältere oder kranke Menschen und ihre Familien unterstützen möchten. Die einzige Anforderung ist denkbar einfach: »Es benötigt Freude, mit Menschen umzugehen«, bringt sie es auf den Punkt. Nicht nötig sei, aus Karben zu kommen – auch Bleckwehl-März, die vor zweieinhalb Jahren über einen Zeitungsbericht auf den Diakonieverein aufmerksam geworden war, kommt aus Schöneck. Auch ein Pflegehintergrund sei nicht nötig, weder als Vorstandsmitglied noch als Betreuer. Und: Nicht immer muss gleich eine große Menge Zeit eingesetzt werden. Einige seien aktuell eine bis zwei Stunden pro Monat im Einsatz, andere über 50. »Auch der kleinste Beitrag ist immens wichtig.«
Versammlung
Die Mitgliederversammlung des Diakonievereins findet am Donnerstag, 26. September, 19 Uhr, im evangelischen Gemeindehaus Groß-Karben, Westliche Ringstraße 2, statt. Auch Menschen, die Mitglied werden und sich zur Wahl stellen oder anders mitarbeiten möchten, sind eingeladen. Interessierte können sich auch direkt bei Einsatzleiterin Christel Bleckwehl-März unter 01 76/ 40 17 55 26 melden.
Von Jana Sauer