Bad Vilbel. In diesen Tagen wäre die Deutsche Mark (DM) 60 Jahre alt geworden. 2002 wurde sie durch den Euro ersetzt. Mit einer sogenannten „Kopfquote“ von 40 DM begann auf Befehl der Alliierten für die Deutschen in den drei westlichen Besatzungszonen am 20. Juni 1948 ein neues „Finanzleben“. In Westberlin erfolgte die Währungsumstellung am 25. Juni.
500 Tonnen Banknoten mit der Aufschrift „Deutsche Mark“ waren in den USA und Großbritannien gedruckt und in Holzkisten in die westdeutschen Besatzungszonen transportiert worden, um die Reichsmark zu ersetzen. Münzen existierten noch nicht. Die Umstellung auf die neue Währung erfolgte grundsätzlich im Verhältnis 1:1. Zusätzlich gab es zahlreiche Sonderregelungen. Zu den 40 DM pro Person gab es im August 1948 weitere 20 DM. Firmeninhabern war der Umtausch von zusätzlichen 60 DM pro Arbeitnehmer gestattet, damit Löhne und Gehälter ausgezahlt werden konnten.
Mit der Notenumstellung kamen rund 1,5 Milliarden Deutsche Mark in Umlauf. Unmittelbar nach der Währungsumstellung füllten sich die Geschäfte über Nacht mit Waren: Gute Butter, echter Bohnenkaffee und Südfrüchte gab es plötzlich wieder zu kaufen. Der Handel hatte Waren und Lebensmittel gehortet, um sie nicht gegen wertlose Reichsmark zu verkaufen. Schwarzmarkt und die Zigarettenwährung verschwanden. Der Siegeszug der DM begann.
Die Währungsreform vom 20. Juni 1948 gilt vielen Deutschen als Ursache des Wirtschaftswunders der Fünfziger Jahre. Sie verbinden die neue Währung mit der Geburtsstunde der Bundesrepublik. Die ZLP befragte einige Bürger der Stadt, welche Erinnerungen sie mit dem 20. Juni 1948 verbinden und wofür sie das erste neue Geld ausgaben.
Erich Glück (88), ehemaliger Bürgermeister von Bad Vilbel: „Ich kam am 2. Juni 1948 aus russischer Gefangenschaft zurück. Für mich wie viele andere auch war bereits vor der Währungsreform alles besser als zuvor. Meine Schwiegereltern in Heldenbergen hatten gute Beziehungen zu Landwirten. Dadurch bekamen wir ab und zu einen Stallhasen, Gemüse ode Kartoffeln. Vor dem 20. Juni 1948 gab es für eine 50 Gramm Fleischmarke beim Metzger Wenzel in der Frankfurter Straße 500 Gramm Pferdefleisch. Ab dem 20. Juni waren von heute auf morgen waren wieder alle Lebensmittel und auch Möbel zu bekommen. Viele kauften Waren auf Raten. Um die Schulden zurückzahlen zu können, wurden viele Frauen berufstätig und nicht etwas aus Emanzipationsgründen. Meine Frau Sophie und ich kaufen nichts auf Raten. Wir waren immer sehr sparsam und haben keine Schulden gemacht. Wofür ich die ersten 40 DM ausgegeben habe, weiß ich nicht mehr.“
Marianne Spitz (78), Diplom-Meisterin für Modeschaffen: „Wir lebten damals als Vertriebene in Frankfurt-Eschersheim. Beide Eltern waren Lehrer. „Mein Vater nahm, mit dem Einverständnis von allen fünf Familienmitgliedern das Geld und kaufte ein Fahrrad. Das kam der ganzen Familie zugute. Er fuhr damit in den Schrebergarten und transportierte auf dem Rad Obst. Dieses Fahrrad werde ich nie vergessen!“
Walter Heil (83), Haupt- und Realschullehrer: „Ich war gerade als Junglehrer nach Massenheim gekommen und habe 154 DM im Monat verdient. Am 20. Juni 1948 bin ich auf die Post gegangen, um mir für zwölf Pfennige eine Briefmarke zu kaufen. Als Junggeselle habe ich mittags und abends in der Apfelweinwirtschaft ,Beim Knoche’ gegessen. Ein sehr reichhaltiges Mittagsessen gab es für 1,50 DM und ein Abendessen für eine DM. Ein großer Laib Brot kostete 50 Pfennige. Vor der Währungsreform war eine Packung amerikanischer Zigaretten Gold Wert. Not und Tauschhandel stärkten die Verbundenheit der Menschen. Am Tag der Währungsreform gingen uns die Augen auf, was es plötzlich alles wieder gab. Große Einkäufe wurden von den meisten jedoch nicht getätigt. Jeder achtete darauf, dass ihm das Geld nicht durch die Finger läuft. Die Einführung der DM war für uns alle ein großer Gewinn, denn plötzlich war unsere Arbeit wieder etwas wert.“
Magda und Herbert Klug (beide 73), Bank- und Börsenkaufleute, langjährige Stadträte: „Wir waren damals 13 Jahre alt und lebten in Frankfurt-Bockenheim und im Nordend. Unsere Eltern waren ganz glücklich. Für uns war es wie ein Wunder, dass es in den Geschäften wieder alles gab. Vor allem Apfelsinen“, erinnert sich Magda Klug. „Und es gab Schokolade! Das war ganz toll und unvergesslich!“, fügt Ehemann Herbert Klug hinzu.
Rudolf Henrich (79), Diplom-Volkswirt, Sprecher der Kleinaktionäre und Kapitalanleger: „Ich habe im März 1948 am Ulrich von Hutten-Gymnasium in Schlüchtern Abitur gemacht und meldete mich zum Studium an der Frankfurter Goethe-Universität an. Bis die neue Währung kam arbeitete ich bei Verwandten auf dem Bauernhof im Stadtteil Eckardroth in Bad Soden-Salmünster als Erntehelfer. Am Tag vor der Währungsreform ging die ganze Familie noch einmal zum Friseur, weil dafür nicht das neue Geld genommen werden sollte. Von den 40 DM kauften meine Eltern Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände für die Küche.“