Bad Vilbel. „Es war ein sehr schöner, erfolgreicher Teil meines Lebens – aber alles hat seine Zeit.“ So verkündete Jörg Schatz (74) den Kollegen im Ortsbeirat seinen Abschied aus dem Amt, das er seit Januar 1990 innehatte. Inklusive der Zeit als Stadtverordneter habe er sich ein Drittel seines Lebens der Kommunalpolitik gewidmet.
Nun sei ihm der Stress zu viel geworden, erläuterte er. Schatz versprach: „Ich bleibe weiter aktiv“. Er wolle seine Aufgaben bei den Vereinen, als Standesbeamter und auch als Protokoller bei der Massemer Fassenacht beibehalten. Doch es gebe jetzt einen Unterschied: „Das kann ich tun, das muss ich nicht mehr tun.“ Weiter engagieren wolle er sich auch für die Massenheimer Auenkunst sowie den geplanten Jugend- und Bürgertreff.
Ansonsten, so Schatz, sei „das Haus bestellt“. In der nächsten Ortsbeiratssitzung am 27. Januar 2010, stellt die CDU Jochen Schulz als Nachfolger zur Wahl. Offiziell wird Schatz in der Stadtverordnetenversammlung am 9. Februar verabschiedet. Massenheim sei in den vergangenen 20 Jahren „schöner und lebendiger“ geworden, meinte Schatz. Das war schon fast eine Untertreibung, wie die zahlreichen Lobreden von Vertretern der Vereine und Parteien bewiesen.
Als „Mahner, Anstoßer und Beschleuniger, der manchen in der Stadtverwaltung zu schnell war“, bezeichnete ihn der CDU-Vorsitzende Christian Große. SPD-Fraktionschef Bernd Hielscher betonte, Schatz habe sich „Dank und Respekt redlich verdient.“ Ortsbeirat Peter Paul (Grüne) betonte: „Massenheim hat sich in den 20 Jahren deutlich verbessert, das war dein Verdienst. Kein Thema war dir zu klein oder zu fremd.“
Schatz revanchierte sich bei Paul, den er seit 17 Jahren im Ortsparlament schätzen gelernt habe: „Du ließest dich nie provozieren.“ An Pauls Beispiel könnten seine Vilbeler Parteifreunde sehen, „wie man in der Minderheit mit Konstruktivität und Kompromissfähigkeit viel erreichen kann.“ Auch die Vertreter des Massenheimer Vereinsrings lobten, dass Schatz sich nie politisierend engagiert habe.
Nach Massenheim kam Schatz 1966. Dort habe er erfahren, dass ein Ortsbeirat mit eigentlich nur beratender Funktion sehr wohl mitgestalten könne, bilanzierte er. Noch in den 80er-Jahren habe eine Durchgangsstraße mit Leitplanken die Ortsmitte durchschnitten. Dass es Landesmittel für den neuen Dorfplatz gegeben habe, sei nur ein Nebeneffekt gewesen, weil die Breitestraße 1989 verkehrsberuhigt worden sei.
Der Platz habe Massenheim neues Leben gegeben. Beim Einweihungsfest hatte sich der Verein „Wir Massemer“ gegründet. Es begannen die Dorfplatz- und Kirchenfeste, der Weihnachtsmarkt. Auch das Heimatmuseum mit Museums-café und dem restaurierten Hirtenhäuschen habe einen neuen Mittelpunkt geschaffen.
Seinen Pragmatismus erläuterte Schatz am Beispiel des Dorfbrunnens. Die SPD habe „tolle Anträge“ für teure, Veranstaltungen blockierende Objekte gehabt, doch dann sei man im Münsterland auf uralte Tröge gestoßen, die es „für’n Appel und ’en Ei“ gegeben habe.
Auch privat dreht Schatz kleinere Räder: „Wir haben die Weltreisen satt, waren als Taucher auf den Seychellen, in Australien und Neuseeland.“ Jetzt wolle er mit Frau Ursula per Wohnmobil Deutschland entdecken. Nach seiner Heimat Sachsen sei nun die Holsteinische Schweiz dran.