Karben. Als der Dienst-BMW von Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) rückwärts vom Hof rollt, nickt Karl-August Kliem zufrieden. Seine Sicht der Dinge konnte er Hahn anderthalb Stunden lang aufzeigen. Er hofft, dass Hahn eine Lanze für die Bauern bricht – auch für den mit acht Millionen Eiern pro Jahr größten bäuerlichen Produzenten im Rhein-Main-Gebiet.
Kurz zuvor stehen der Minister und Seniorchef Kliem im nagelneuen Volierenstall südlich von Kloppenheim direkt an der B 3. Die weißen Hühner scharen sich neugierig an der Tür und betrachten die Besucher. 10 000 Hühner leben in dem Stall, weitere 10000 sollen folgen. 1,2 Millionen Euro mussten die Kliems dafür bezahlen.
Denn seit diesem Jahr ist die Käfighaltung von Hühnern verboten. Dagegen klagt Kliem zwar, das Gesundheitsamt forderte dennoch, dass er seinen Stall schließt. Der sollte eigentlich noch 15 Jahre lang in Betrieb bleiben. Weshalb sich Kliem regelrecht enteignet fühlt.
Überhaupt, die Vorgaben! Beispiel: die Salmonellen-Richtlinie, wonach die Mitarbeiter ihre Hände waschen müssten, wenn sie die Ställe betreten, und nicht mehr, wenn sie dort hinauskommen. „Das ist so überzogen“, klagt Kliem senior, „dass man das dem Arbeiter nicht mehr erklären kann.“
Zum „alten“ Stall für die Bodenhaltung, zur eine Viertelmillion Euro teuren Kühlhalle für die Kartoffeln, zu den Sortieranlagen, zum großen Hofladen – überall führen Kliem und sein Sohn Karl-Wilhelm Minister Hahn hin. Die liberale Entourage umfasst ebenso den Bundestagskandidaten Achim Güssgen, Kreischefin Elke Sommermeyer, Karbens FDP-Chef und Stadtverordneten Oliver Feyl. Und den Bürgermeisterkandidaten Guido Rahn (CDU). „Ich will einen Beitrag dazu leisten, dass Karben endlich einen bürgerlichen Bürgermeister bekommt“, sagt Hahn.
Kliem junior erklärt, dass aktuell das Gesundheitsamt durch neue Auflagen auch den Betrieb des neuen Stalls sofort wieder erschwere – weil der Zulauf aus dem Trinkwassernetz nicht durch eine aufwändige, 10 000 Euro teure Pumpenanlage abgeschottet sei. Auch wegen der Salmonellen.
Den Minister hält es nicht mehr: „Sie ärgern sich dauernd, aber Sie schaffen es trotzdem?“ Kliem senior lächelt. „Wir wollen uns nicht selbst infrage stellen.“ Überlegungen, den Betrieb zu reduzieren, habe die Familie schon angestellt. Als es um die Millioneninvestition ging. Sie entschieden sich zum Weitermachen. Weil sie wegen neuer Vorgaben massiv investieren müssten, schlössen derzeit viele Hennenhalter in Deutschland ihre Ställe, berichtet Kliem. Also kämen die Eier künftig eben aus Legebatterien in Holland oder Tschechien. „Holland hat eine Selbstversorgungsquote bei Eiern von 400 Prozent, wir in Hessen von 25.“ Was daher komme, dass die EU-weiten Verordnungen hierzulande strenger als anderswo ausgelegt werden. Für Minister Hahn ein „Unding“: „Es muss gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa geben.“ Kliem senior hört’s und ist zufrieden. Dass sich dadurch etwas ändern könnte – naja, die Lebenserfahrung spricht dagegen. (den)