Bad Vilbel. Er findet nur noch wenig Beachtung. Dabei steht das in Stein gehauene Reliefbild des aufrecht stehenden Bären zentral in Bad Vilbel vor dem Treppenaufgang zum Alten Rathaus. Obwohl sich dort unter anderem auch das Standesamt befindet, wird der Bär wenig mit auf die Hochzeitsfotos genommen. Über dem Kopf des Bären steht »Berlin« und zu seinen Füßen »560 KM«. Wer sich dann in Erinnerung ruft, dass der Bär das Wappentier der deutschen Hauptstadt ist, wird leicht erahnen, dass es sich mit der Angabe 560 KM um die Entfernung zwischen dem kleinen Bad Vilbel und dem großen Berlin handelt.
Eigentlich hat der Berliner Meilenstein seinen Zweck seit dem 3. Oktober 1990, dem Tag als sich vor 30 Jahren die beiden deutschen Staaten vereinigten, erfüllt. Erinnerten die Bären-Gedenksteine an die Teilung Deutschlands und die damalige »Insellage« der deutschen Hauptstadt.
Der Bad Vilbeler Stein mit dem Berliner Bären wurde 1985 aufgestellt. Dies geschah auf Initiative des auf dem Heilsberg lebenden Ehrenstadtrates Ernst Theodor Damm, der am 13. September 1910 in Frankfurt geboren wurde und 1990 in Bad Vilbel verstarb.
Anlässlich des 110. Geburtstags seines Vaters, erinnerte Michael Damm an die Geschichte, wie der Berliner Meilenstein für fünf Jahre verschollen war und unter Mitwirkung des Bad Vilbeler Anzeigers 2010 wieder entdeckt und erneut an seinem alten Standort angebracht wurde.
Ernst Theodor Damm ist zwar in Frankfurt geboren, hat aber sein Herz wohl an Berlin verloren und 1985 ist es ihm gelungen das Bad Vilbeler Stadtparlament zu überzeugen, dass auch hier ein »Berliner Meilenstein« aufgestellt wurde. Bei den »Berliner Meilensteinen« mit dem Relief des aufrechtstehenden Bären handelt es sich um »neuzeitliche Kleindenkmäler mit Kilometerangaben nach Berlin, die sich an zahlreichen Standorten in den westdeutschen Ländern befinden«, wie bei Wikipedia zu erfahren ist.
Bund der Berliner
Die Aktion wurde Anfang der 1950er Jahre von dem damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Gert Bucerius, der auch Vorsitzender des Berlin-Ausschusses war, ins Leben gerufen, um das von der DDR umschlossene West-Berlin im allgemeinen Bewusstsein zu halten und in Westdeutschland Verbundenheit mit der Stadt zu fördern. Hierfür wurde dann auch der »Bund der Berliner und Freunde Berlins« gegründet.
Zunächst standen die Meilensteine nur auf den Mittelstreifen der Autobahnen im Abstand von jeweils 100 Kilometern. Das Konzept wurde dann jedoch erweitert, wobei es die freie Entscheidung der Städte und Gemeinden war, einen der Berliner Meilensteine aufzustellen.
In Bad Vilbel war es, laut Recherche von Michael Damm der 100. Meilenstein. Er stand dann 20 Jahre vor dem Alten Rathaus, wurde aber 2005 im Zuge von Renovierungsarbeiten abgebaut. Er geriet in Vergessenheit und erst als sich 2010 Michael Damm an den Bad Vilbeler Anzeiger wandte, und bat ihn bei der Suche zu helfen, wurde der Gedenkstein schnell auf dem Bauhof wieder entdeckt. Der Magistrat war auch gleich bereit, ihn wieder an seinen angestammten Platz aufzustellen.
Dank von Willy Brandt
Michael Damm hat die Lebensgeschichte seines Vaters minuziös aufgezeichnet (siehe Bad Vilbeler Anzeiger vom 9. September 2010, »Ernst Theodor Damm wäre am 13. September 100 Jahre alt geworden«). So führte der spätere Heilsberger Ehrenstadtrat bis 1988 im In- und Ausland mindestens 660 Veranstaltungen durch, in denen er für Berlin warb. Am 9. Mai 1961 erhielt Ernst Damm vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, das folgende Schreiben: »Sehr geehrter Herr Damm! Sie haben sich in den Jahren seit 1954 damit besondere Verdienste erworben, dass Sie in Westdeutschland unermüdlich öffentlich auf unsere Stadt hingewiesen haben. Mit diesem auf Idealismus gegründeten persönlichen Einsatz haben Sie sich um Berlin verdient gemacht. Deshalb danke ich Ihnen im Namen unserer Stadt für Ihre Tätigkeit und bitte Sie, ein kleines Zeichen unserer Dankbarkeit entgegenzunehmen. Mit freundlicher Empfehlung, Willy Brandt«.
1988 wurde Ernst Theodor Damm mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Den Fall der Mauer und die Öffnung der Grenzen zwischen Ost- und Westberlin sowie allgemein zwischen der DDR und der BRD hat Ernst Theodor Damm noch erleben können. Er starb im Sommer 1990 mit fast 80 Jahren.
Sein Sohn Michael hat sich der Leidenschaft seines Vaters für die Berliner Meilensteine heute noch verschrieben. Dies Gedenksteine erinnern, so schreibt er, »an die Zeit des Kalten Krieges und an die vielen Initiativen zur friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands.« Eine Auflistung der vorhandenen, besonders aber auch der verschwundenen Berliner Kilometersteine wäre seiner Ansicht nach »ein Beitrag zur konstruktiven, praktischen und kritischen Beschäftigung mit der Geschichte Deutschlands«. Er verweist auf die Liste der von der Initiative »Denkmalschutz für Berliner Meilensteine« bisher gefundenen Standorte, die im Internet unter www.m1k.de zu finden ist. (hir)
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