Alice Matthies aus Bad Vilbel hat viel zu erzählen. Darunter ist auch dies: „Ich habe drei gute Kinder, sieben Enkel und acht Urenkel, die mir alle zu meinen einhundert Jahren gratulieren“.
Bad Vilbel. Im Kreis von Verwandten, Freunden und Bekannten feierte Alice Matthies ihren 100. Geburtstag. Geboren wurde sie als viertes von fünf Kindern des Architekten Gustav Gries und dessen Frau Anna, geborene Busse. Ab Herbst 1921 besuchte Alice die Volksschule in Vilbel. „Das Prädikat ,Bad‘ erhielt die Stadt erst 1948“, erinnert sie sich.
Von 1929 bis 1932 absolvierte sie bei Heinrich Mohr in Bad Nauheim eine Lehre als Textilverkäuferin. Nach vier Jahren wechselte sie ins Frankfurter Kaufhaus Hansa. Im Jahr 1936 zog sie mit ihren Eltern und der acht Jahre jüngeren Schwester Hilde nach Schöndorf bei Weimar. Dort fand ihr Vater eine Stelle als Architekt und sie als Textilverkäuferin eine Anstellung in einem Kaufhaus.
In Schöndorf lernte sie ihren ersten Mann, Artur Dyroff, kennen. Am 28. Mai 1939 gab sie dem Kaufmann mit drei Söhnen aus erster Ehe ihr Ja-Wort. Sie arbeitete im Geschäft für Molkereiprodukte ihres Mannes mit. Tochter Brigitte wurde 1940, Tochter Gisela 1942 und Sohn Jürgen 1944 geboren. Im Juni 1948 wurde das Ehepaar enteignet, der Ehemann verfolgt. Er starb 1951 in Düsseldorf.
Die Luftbrücke half
Alice Matthies floh im Juli 1949 nach Berlin, von wo sie über die Luftbrücke der Amerikaner Mitte August 1949 nach Frankfurt flog. „Bad Vilbel gehörte zur amerikanischen Zone, ich fand Arbeit als Büglerin in einer Friedrichsdorfer Hemdenfabrik. Ab Oktober 1949 arbeitete ich erst im Frankfurter Kaufhaus West, dann bei Hertie und später bei der Firma Tapesa, wo ich bis zur Rente im Jahr 1970 blieb.“ Im September 1949 kamen ihre Kinder Wolfgang und Brigitte ohne Geld und Papiere in Bad Vilbel an. „1951 holte ich nachts über Berlin meinen Sohn Jürgen und 1953 meine Tochter Gisela aus Weimar zu mir.“
Im Jahr 1954 heiratete sie auf Vermittlung von Sohn Wolfgang dessen Fußballtrainer Georg Helfert. Der verstarb 1963 an einem Kriegsleiden. Nach dem Auszug der Kinder lernte sie 1967 ihren dritten Mann, Axel Matthies, kennen, mit dem sie viele Länder bereiste. Das Paar heiratete 1980 in Frankfurt. Fünf Jahre später wurde Alice Matthies erneut Witwe.
Gymnastik und Tanz
Seit November 2011 wird die Jubilarin rund um die Uhr von Betreuerinnen versorgt. „Mir geht es dabei gut, ich werde versorgt, betreut. Wir sprechen miteinander und machen Spiele. Ich ging früher wöchentlich in die Wassergymnastik des Kneipp-Vereins, zum Schwimmen und bis zu meinem 89. Lebensjahr bei den DRK-Senioren zum Tanzen. Heute mache ich nur noch Stuhl-gymnastik beim Kneipp-Verein. Mein Arzt ist mit mir zufrieden, und ich bin es auch“, sagt sie und lächelt. Auf dem Vilbeler Markt war die rüstige Jubilarin täglich drei Stunden mit Rollator und Begleitung unterwegs. Allerdings ist sie erstmals nicht Riesenrad gefahren: „Es war einfach zu heiß“. (fau)