Sind Sie Ihnen aufgefallen: Die mit Schablone aufgebrachten „gemeinsam“-Schriftzüge auf Wegen unserer Stadt? Vor der Bad Vilbeler Wasserburg an der Nidda habe ich es fotografiert: „gemeinsam“.
Vor einigen Jahren hatten wir eine Ausstellung mit Glaskunst in unserer Kirche. Ein Werk von Beate Polderman haben wir damals gekauft, weil es unser Verständnis von Gemeinschaft so gut ausdrückt. Es heißt „gemeinsam“ und besteht aus vielen kleinen bunten Glasscherben.
Ja, so sind wir: zerbrechlich und bunt, zugleich mit manchmal sehr scharfen Kanten, mit denen wir andere verletzen können. Wir dürfen uns aber in aller Unvollkommenheit des Einzelnen zu einer Gemeinschaft zusammenfinden, uns formen lassen zu einem Gesamtbild. Wir dürfen zusammenkommen als Menschen, die zu Christus gehören.
Zu Christus gehören – das kann eine kulturelle Beschreibung des Abendlandes sein. Diesem Christus selbst wäre das sicher zu wenig. Er hat ganz praktisch Menschen um sich geschart, und sie haben zu ihm aufgeschaut. Genau dazu sind wir als Christinnen und Christen auch heute eingeladen. Im Gebet oder in der gesungenen Anbetung versammeln sich Christenmenschen auch in unserer Stadt ganz regelmäßig und werden so zu einer Gemeinschaft vor und mit dem Auferstandenen.
Zu Christus gehören: Das drückt eine Beziehung aus, ja beinahe ein Besitzverhältnis. „Herr, regiere du in mir“ heißt es in einem modernen christlichen Lied. Das ist es, was die unvollkommenen Einzelnen verbindet, was sie vor Christus und mit Christus zusammenhält. Christsein ist kein kulturelles Bekenntnis, so sehr der Christusglaube ohne Zweifel unsere Kultur geprägt hat. Christsein ist ein Beziehungsgeschehen, ein Gemeinschaftsgeschehen, ein Bekenntnis: Ich gehöre zu denen, die sich um Christus versammeln und an ihm das eigene Leben orientieren.
Wie gut, dass ich zu Christus und zu den christlichen Geschwistern mit meinen Ecken und Kanten kommen darf, unvollkommen und unfertig, aber schillernd mit den Gaben, die auch ich von IHM anvertraut bekommen habe. So werden wir täglich neu zu einer brüchigen und verletzlichen und zugleich sehr starken und bunten Gemeinsam-Gemeinschaft vor und mit Christus selbst. Und ja: Diese Gemeinschaft ist offen für jede und jeden…
Die Schablonenmaler an der Bad Vilbeler Nidda hatten weniger die geistliche Seite dieser Sonntags-Gedanken im Blick als den Zustand unserer Gesellschaft. Ein Appell, das Gemeinsame zu sehen und zu stärken – so verstehe ich es. Gut so. Weiter so. Es gilt für die Beziehung zu Gott gleichermaßen wie untereinander: Es ist wertvoll, das Gemeinsame zu betonen und nicht das Trennende.
Und die Glaskünstlerin Beate Polderman wird bei der „Nacht der Kirchen“ am 22. September auch wieder mit eigenen Kunstwerken in der Auferstehungskirche beteiligt sein!
Herzliche Grüße,
Pfarrer Klaus Neumeier
Evangelische Christuskirchengemeinde Bad Vilbel