Das Parlament hat die Beiträge gestrichen, die Anwohner bei einer Sanierung der Straße vor ihrem Haus hätten berappen müssen.
Karben. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Bei kaum einer kommunalen Abgabe ging es in den vergangenen Jahren in Karben so drunter und drüber wie bei den Straßenbeiträgen. Dabei sind die Folgen für die Betroffenen drastisch: Bei wem vor der Haustür die Straße saniert wird, dem droht eine Rechnung von 6000, 8000 Euro oder mehr.
Seit 1988 sollten die Anwohner bei Sanierungen einen Kostenanteil übernehmen, gestaffelt je nach Bedeutung der Straße. Besonders viel in Wohnstraßen, deutlich weniger bei Durchgangsstraßen, weil Letztere viele „Fremde“ sie nutzen.
Rahn auf Schlingerkurs
Die Satzung aber wurde in 19 Jahren nie angewendet, den Bürgern blieben die horrenden Rechnungen erspart. Im Zank zwischen der damals neuen CDU/FW/FDP-Mehrheit und der rot-grünen Stadtregierung wurde die Satzung dann 2007 aufgehoben – weil sie ja nie angewandt worden war. Trotz Protests des Landrats stimmte die Politik einmütig dafür.
Fünf Jahre später erlebte dann die Satzung eine Wiederbelebung: Als Beitrag zum großen Sparpaket für den Finanz-Rettungsschirm des Landes führten die Politiker die Beiträge dann wieder ein. Und nun, weitere 15 Monate später, schaffen sie sie wieder ab.
Letzteres, räumt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) am Donnerstagabend vor dem Parlament indirekt ein, sei nur ein Schachzug gewesen. Denn das Land habe gefordert, dass Karben alle Möglichkeiten nutze, um Geld einzunehmen. Es wäre aber ungerecht gewesen, die dann plötzlich Betroffenen zu schröpfen, nachdem 25 Jahre lang andere Bürger verschont geblieben waren. „Wir konnten verhindern Maßnahmen durchzuführen, für die wir die Satzung hätten anwenden müssen.“ Weil die Stadt ab diesem Jahr ein Plus erwirtschafte, könne sie nun auf die Beiträge verzichten, sagt der Bürgermeister.
Das findet Grünen-Fraktionsvize Rainer Knak aber verfrüht: „Wir müssen erstmal den Haushalt dauerhaft in den Griff kriegen.“ So stimmen die Grünen gegen die Abschaffung der Straßenbeiträge. Noch härter geht Kai-Uwe Engel (SPD) mit Rahns Vorgehen ins Gericht: Das sei Stückwerk, methodisch nicht sauber und ein Schlingerkurs, wie Rahn ihn stets „sehr plakativ den Vorgängerregierungen vorgeworfen“ habe.
Engel geißelt, die erneute Einführung habe Verwaltung und Politik viel Zeit und Geld gekostet. „Die Bedenken von heute haben 2012 niemanden davon abgehalten, die Satzung einzuführen“, kritisiert er CDU, FW und FDP. Dennoch stimmt die SPD am Ende mit Ja und gegen die Straßenbeiträge.
SPD ohne Sparideen
Deshalb lässt Bürgermeister Rahn die Kritik nicht gelten: Die SPD habe nichts an Ideen dazu beigetragen, dass die Stadt den Haushalt ausgeglichen habe.
Nur weil CDU, FW und FDP „unangenehme Maßnahmen“ beschlossen und so den Etat wieder ins Plus gedreht hätten, könne die Satzung aufgehoben werden. „Sie drückten sich vor unangenehmen Entscheidungen“, kritisiert Rahn die SPD, „und wollen nun die Früchte ernten.“
Wichtig sei, dass die Stadt mit ihren Bürgern fair umgehe, findet CDU-Fraktionschef Mario Beck. Die Straßensanierungen würden weiter aus dem Haushalt bezahlt. Den füllen die Bürger unter anderem mit der Grundsteuer auf, die als Sparmaßnahme erhöht wurde.
Dies sei „eine maßvolle Belastung“ der Einwohner; nun würden sie aber vor Rechnungen von tausenden Euro geschützt. „Die Bürger haben mit ihren Zahlungen den Haushalt ausgeglichen“, erinnert Mario Beck. „Deshalb haben sie jetzt ein Anrecht auf die Abschaffung der Straßenbeiträge.“ (den)