Bad Vilbel. „Wir tun, was wir können, aber wir müssen Prioritäten setzen und straff planen.“ So kurz fasste Betriebshofleiter Stefan Hensel am Samstag den Kampf seiner Leute gegen den Schneesturm „Daisy“ zusammen. Es war eine Sisyphus-Arbeit, die Straßen schneefrei bekommen zu wollen. Denn kaum war der Schneepflug durchgefahren, hatte der Wind die Fahrbahnen schon wieder zugeweht. Trotzdem sah es in Bad Vilbel am Samstag-Morgen deutlich besser aus als etwa auf der B 3 oder auf der A 661. Dort kämpften sich die Autofahrer über eine geschlossene, fest gefahrene Schneedecke, während in der Stadt die wichtigsten Strecken beständig geräumt wurden. „Der Schöllberg genießt absolute Priorität“, so Hensel. Dennoch: Salz zu streuen wurde außer auf Haupt- und besonders steilen Strecken weitgehend eingestellt, da es sinnlos war, so lange der Wind so stark wehte. „Wir heben unsere letzten Reste lieber auf, bis wir sie effektiv einsetzen können.“
Knapp 300 Tonnen Salz und 50 Tonnen Split wurden diesen Winter bereits auf die Straßen gestreut. Zum Vergleich: Im kompletten Winter 2008/09 waren es 180 Tonnen Salz, im Jahr davor brauchten die Vorräte überhaupt nicht angegriffen zu werden. „Wir haben schon drei Nachlieferungen mit je 25 Tonnen erhalten“, so Hensel. Um auf der sicheren Seite zu sein, ging am Heiligen Abend eine weitere Nachbestellung hinaus – doch ohne Erfolg. „Wir werden auf Wochen hinaus nichts kriegen und bis Montag sind unsere Tanks leer.“
Um 4 Uhr alarmierte Bereitschaftsführer Peter Giesel am Samstag früh die 15 Mann starke Bereitschaft, nachdem der Wetterdienst ab 5 Uhr eine erhebliche Verstärkung der bis dahin vergleichsweise leichten Schneefälle angekündigt hatte. Bereits um 4.15 Uhr fuhr Michael Blum als Erster mit dem Räumfahrzeug los in Richtung Schöllberg. Vier weitere Fahrzeuge machten sich innerhalb der nächsten 15 Minuten auf den Weg. Um 8 Uhr wurde nachalarmiert, um den Schneedienst auf 25 Mann aufzustocken. Zu allem Überfluss musste wegen einer Erkrankung des Landwirts Michael Steinmetz dessen Einsatz auf seinem großen Trecker mit dem breitesten Räumschild verzichtet werden. Da den Verwehungen anders aber nicht mehr Herr zu werden war, übernahmen die beiden Söhne von Hensel, André und Nico, diese Aufgabe. Zum Glück war Stefan Hensel am Tag davor schon einen Tag früher als geplant wegen Daisy von seinem Skiurlaub in Südtirol zurückgekehrt. „Ich dachte, wenn der Sturm erst losgeht, komm ich nicht mehr heim“, sagte er. Sofort ging er zur Arbeit, um die Betriebshofmannschaft zu unterstützen. „Polarschnee nennen die Tiroler diese kleinen, harten, eiskalten und leichten Schneekristalle, die sich in ihrer Beschaffenheit grundlegend vom nassen Pappschnee, den wir sonst haben, unterscheiden“, erklärte er.
Was jedoch auf der Piste als schönster Pulverschnee die Skifahrer erfreut, ist für Autofahrer und Winterdienst ein Albtraum, wenn er sich zu Verwehungen auftürmt. „Es ist das erste Mal, dass wir unsere Leistungsfähigkeit runterfahren müssen“, so Hensel. Nicht nur der Schnee und das zur Neige gehende Salz waren dafür verantwortlich, sondern auch die Tatsache, dass von den Straßenmeistereien auf den für sie zuständigen Strecken keine Fahrzeuge gesichtet wurden. Als Zufahrt zur B3 müssten sie beispielsweise auch die Nordspange bedienen. Das erledigte der Betriebshof, um diese Steigungsstrecke für die Dortelweiler befahrbar zu machen. „Wir hatten Glück, dass dieses Wetter uns zum Wochenende erwischt hat und nicht am Montag zum Schulbeginn“, räumt Hensel ein. Er empfiehlt, möglichst zu Hause zu bleiben und das Auto nur zu benutzen, wenn es unausweichlich ist. Dazu hofft er, dass bald Nachschub an Salz zu bekommen ist.