Karben. Die Große Tarifkommission der IG Metall Frankfurt hat den Ende April zum Erhalt des Conti Automotive Werks ausgehandelten Sozialtarifvertrags abgelehnt. Am Freitagnachmittag hat sie bekannt gegeben, dass sie von der Konzernleitung Nachbesserungen verlangen wird. Lehnt der Konzern das ab, drohen wieder Streiks.
Wer in den letzten Tagen am Conti Automotive Werk in der Dieselstraße vorbeigefahren ist, konnte Mitarbeiter mit Flugblättern in der Hand sehen. Sie suchten das Gespräch mit denjenigen, die von der Schicht kamen bzw. zur nächsten Schicht ins Werk wollten. Es herrscht offenbar massiver Redebedarf bei den knapp 1100 Beschäftigten des Automobilzulieferers. Denn der Ende April zwischen IG Metall und Arbeitgebern ausgehandelte Sozialtarif-Kompromiss zum Erhalt wenigstens einen kleinen Teils des Werkes stößt beim Großteil der Beschäftigten auf Ablehnung.
Das haben sie den Gewerkschaftsvertretern in den vergangenen Wochen in etlichen Sitzungen deutlich gemacht. Und weil der Widerstand so groß ist und das Ergebnis selbst in der sogenannten Großen Tarifkommission auf erhebliche Skepsis stieß, wurde es am Freitag komplett abgelehnt. Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall, Michael Ehrhardt, sagte gegenüber dieser Zeitung: »Damit sind wir wieder bei null.«
Weitere Streiks drohen
Und das klingt gar nicht gut, denn das bedeutet, dass der Konzern das Werk doch früher als im Sozialtarif-Kompromiss ausgehandelten Zeitpunkt schließen könnte, und es würde wieder weitere Streiks bedeuten. »Wir haben fünf Themenfelder definiert, und in denen brauchen wir eine Nachschärfung«, betonte Ehrhardt. Einer der Knackpunkte: In dem am 22. April fixierten Sozialtarif gibt der Continental-Konzern den Karbener Beschäftigten lediglich eine Beschäftigungsgarantie für dieses Jahr. Die Gewerkschaft fürchtet, dass im kommenden Jahr massive Entlassungen drohen. »Die Mitglieder sind mit dieser kurzen Beschäftigungsgarantie unzufrieden«, so Ehrhardt. Die Karbener Beschäftigten wollten Bedingungen wie in Babenhausen.
»Erhebliche Unsicherheit« gebe es bei der Altersteilzeit. »Der Arbeitgeber hat diese Unsicherheit in letzter Zeit noch vergrößert.« Zu wenig Geld springt für die Beschäftigten auch bei den Abfindungen heraus, wie sie deutlich gemacht haben. Ungeklärt sei auch, was passiere, wenn jemand einen neuen Job findet. »Wenn jemand früher gehen kann, verliert er dann seine Abfindung?«, stellte Ehrhardt eine der Fragen in den Raum.
Am 22. April war ausgehandelt worden, dass die ursprünglich zum Dezember 2023 geplante vollständige Schließung des Standorts Karben zurückgenommen wird. Die Continental Engineering Services (CES) solle mit 187 Beschäftigten am Standort bleiben. Für den ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt der Schließung der Continental Automotive GmbH zum 31. Dezember 2023 wurde zugesichert, mindestens 150 Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.
Mit zu den Eckpunkten gehörte auch ein Altersteilzeit-Programm für Übergänge in den Ruhestand, wofür rund 300 Beschäftigte infrage kommen. Für diejenigen, die nicht weiterbeschäftigt werden könnten, werden Abfindungskonditionen angeboten. Und es wird eine Transfergesellschaft eingerichtet, die für zwölf Monate mit einem Qualifizierungsbudget von 5000 Euro je Beschäftigtem ausgestattet wird. All das wäre nun Makulatur, wenn der Konzern die von der IG Metall verlangten Nachschärfungen ablehnt.
»Klarere Regelungen«
Dem Management sei am Freitag »ein neues, letztes Lösungsangebot vonseiten der IG Metall gemacht« worden, teilte die Gewerkschaft per Pressemitteilung mit. Man wolle »eine verbindliche Beschäftigungssicherung« und eine verlässliche Regelung für den Übergang in die Altersteilzeit. Zu weiteren Details wollte sich die Gewerkschaft nicht äußern.
Von Holger Pegelow