Eine hochrangige Delegation von Politikern und Wirtschaftsvertretern aus der chinesischen Zehn-Millionen-Metropole Linyi besuchte gestern Bad Vilbel, um Pläne für ein Großhandelszentrum im Quellenpark zu prüfen. Auch eine vorbehaltliche Städtepartnerschaft wurde bereits vereinbart.
Bad Vilbel. „Ich liebe dich“, stand auf dem Bus, mit dem die chinesischen Gäste auf Stadtrundfahrt gingen und danach zu einem Arbeitsessen im Dortelweiler Golfclub Lindenhof fuhren. So eng sind die Kontakte zwar noch nicht, doch sprach Stadtrat Klaus Minkel (CDU) von „äußerst positiven Äußerungen“ der Besucher – „auch wenn das Projekt „noch lange nicht in trockenen Tüchern“ sei.
Zehntreichster Mann
In der Delegation aus Linyi waren 15 Teilnehmer aus der Stadt und fünf Unternehmen, darunter auch Changqing Lu, der Eigentümer der Zhongqi Investment Group. Lu sei einer der zehn reichsten Männer Chinas, das sei ihm amtlich bestätigt worden, sagt Minkel. Und Linyi sei der größte Großhandelsstandort des Landes. Auch Vertreter des chinesischen Konsulats waren zugegen.
Unter den Gastgebern waren neben Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU), Landrat Joachim Arnold (SPD), dem SPD-Stadtrat Udo Landgrebe, dem Vize-Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn (FDP) und dem Landtagsabgeordneten Tobias Utter (CDU) auch Matthias Leder, Hauptgeschäftsführer der IHK Frankfurt. Die Chinesen hätten für ihr Interesse an dem Standort Quellenpark drei Faktoren genannt, berichtet Leder: die Nähe zu Frankfurt, die Größe des zusammenhängend verfügbaren Grundstücks (300 000 Quadratmeter) und schließlich die leichte Erreichbarkeit über Autobahn und Flughafen. 100 000 Quadratmeter bleiben für Segmüller reserviert.
Der Mitbewerber Leipzig sei unterdessen bereits aus dem Rennen, berichtet Minkel. Mangels Direktflügen hätten die Chinesen bei der Anreise einen Tag Zwischenstopp in Frankfurt einlegen müssen. Wie zu hören war, hat die Delegation auch den Balkan besucht.
Gestern begann die Visite im Rathaus, wo sich die Chinesen ins Goldene Buch eintrugen. Es sei auch bereits ein Partnerschaftsabkommen mit Linyi vereinbart worden, vorbehaltlich der Genehmigung durch das Stadtparlament, so Minkel. Es sei zunächst auf fünf Jahre befristet. Hintergrund sei, dass die chinesische Kultur erst freundschaftliche und vertrauensvolle Kontakte und dann die Geschäfte vorsehe.
Bei der Rundfahrt ging es durch Dortelweil-West, Massenheim, den Quellenpark, Innenstadt und zum Nordbahnhof, bevor die Stadt im Golfclub Lindenhof zum Arbeitsessen einlud. Es gab Pasta Mista, Trios von Edelfischen und Fleisch, sowie Spätburgunder. Es heiße, Chinesen vertrügen keinen Alkohol, „aber das stimmt nicht“, sagt Minkel. Die Chinesen planen ein Großhandelszentrum als europäische Handelspräsenz, erläutert Minkel und ergänzt: „Mit Ramsch und Nachahmungen kann man keine Geschäfte machen.“ Als Bereiche genannt wurden Elektronik, Maschinenbau, „Chinas größter Fließenhersteller“ und chinesische Naturprodukte etwa Schuhe aus Baumwolle und traditionelle Lebensmittel.
Wandel durch Handel
Angesprochen auf die kolportierte Investitionssumme von 700 Millionen Euro sagte Minkel, bei dem großen Areal und der Addition der Bruttogeschossflächen „kann das ganz schnell eine Milliarde werden.“ Geplant sei eine Präsenz im großen Stil – „Chinas Schaufenster für Europa“. Doch bis es soweit ist, wird es wohl noch einige gegenseitige Besuche geben. Die Bad Vilbeler haben bereits eine Einladung nach Shanghai erhalten. Die Verträge für das Handelszentrum werde Lu abschließen, dafür versichere er sich in China gerade der Unterstützung durch die Stadt Linyi, die 80-Millionen-Einwohner-Provinz Zhe Jiang und der Unternehmen.
SPD-Stadtrat Udo Landgrebe lobt die angenehme Gesprächsatmosphäre. Seine Fraktion sehe – anders als die Grünen – auch die Möglichkeiten einer solchen Investition. Es handele sich um keinen einzelnen „XY-Investor“, sondern um jemand mit guten politischen Kontakten. Zwar stellten sich in Sachen Menschenrechte noch Fragen, doch setze er auf den Wandel durch Annäherung. „Ich habe nicht die Erwartung, ein 1,3-Milliarden-Land in Kürze umkrempeln zu können“, sagte Landgrebe.