Karben. 18.37 Uhr am Dienstagabend. Laut heulen die Feueralarm-Sirenen in Kloppenheim auf. Auf dem Margarethenhof mitten im Ort auf der Frankfurter Straße steigt Rauch auf. Ein Gabelstapler ist in Brand geraten und zwar dicht neben einem 11 000 Liter fassenden Tanklast-Anhänger, gefüllt mit Benzin. Neben dem Anhänger lagern zudem noch mehrere Fässer und Pakete mit unbekannten Chemikalien.
Nur drei Minuten dauert das bange Warten der Anwohner auf dem Margarethenhof, dann ertönen die Martinshörner der anrückenden Feuerwehr-Einsatzwagen. Als erste kommen die Feuerwehrleute aus Kloppenheim. Ihre Wache ist in Luftlinie auch keine 250 Meter entfernt. Vor der Hofeinfahrt bremst das Auto ab. Ein Feuerwehrmann springt heraus und erkundet zunächst die Gefahrenstelle. Über ein Funksprechgerät ertönen dann die knappen aber präzisen Anweisungen. Die hören auch die anrückenden Einsatzkräfte aus den übrigen sechs Stadtteilen, die sich inzwischen auf dem Weg zum Einsatzort befinden.
Noch keine fünf Minuten sind seit dem Alarm verstrichen. Und doch sind schon fast 60 Feuerwehrleute aus allen Stadtteilen auf dem Weg nach Kloppenheim. Alles Männer und Frauen, die diese Aufgabe ehrenamtlich verrichten und ansonsten einen anderen Beruf ausüben. Als nach gut zwölf Minuten das letzte Fahrzeug aus dem weitest entfernten Ortsteil Rendel eintrifft, haben die Kollegen das Feuer auf dem Gabelstapler bereits im Griff. Nun gilt es, den Anhänger mit seiner hochexplosiven Ladung in Sicherheit zu bringen und die bis dahin noch nicht genau identifizierten Chemikalien zu bergen.
Ruhig und überlegt erteilt der Petterweiler Wehrführer Dietmar Köhn seine Einsatzbefehle. Eine Gruppe von sechs Männern soll sich um den Anhänger kümmern. Zwei Mann sollen währenddessen sich die Chemie-Schutzanzüge überziehen und die unbekannten Chemikalien in Spezialbehälter bergen.
Etwas abseits stehen zur gleichen Zeit Stadtbrandinspektor Thomas Bier und der Inhaber des Margarethenhofs, Karl-Wilhelm Kliem, zusammen auf dem Hof und beobachten aufmerksam das Geschehen. Ab und zu notiert Karbens Feuerwehrchef etwas in sein Notizbuch. Dann geht er zu dem Umwelt-Einsatzfahrzeug. Er will nachschauen, warum die Bestimmung der Chemikalie so lange dauert. „Chemieunfälle sind bei uns nicht an der Tagesordnung. Deshalb üben wir das hier“, klärt Bier seine Ruhe auf. Es ist also kein tatsächlicher Unfalleinsatz an diesem Abend, sondern glücklicherweise nur eine Übung.
Einmal im Jahr üben alle sieben Stadtteilfeuerwehren gemeinsam zusammen den Einsatz. „Die Handgriffe müssen blind sitzen. Die Zusammenarbeit klappt“, erklärt Bier. Das ist bei normalen Brandeinsätzen kaum noch ein Problem. Anders sieht es dagegen bei Chemieunfällen aus. Die sind in Karben eher selten und deshalb richtet Bier auch sein besonderes Augenmerk auf die schnelle Bestimmung der Chemikalien durch seine Männer. Mit Hilfe der dicken Wälzer, die das Umwelteinsatzfahrzeug an Bord mit sich führt, muss die Substanz bestimmt und die Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Die Zahl 1903 steht auf den Fässern. Doch es dauert eine ganze Zeit, bis die Zahl endlich in den Büchern gefunden und als hoch ätzende Natronlauge erkannt wird. „Das dauert eindeutig noch zu lange und muss mehr geübt werden“, analysiert Bier. Zufrieden dagegen ist er mit dem Einsatz des Dekontaminierungszuges. Auch hier übt der Zug mit vielen neuen Geräten, die teilweise noch aus der Originalverpackung herausgetrennt werden müssen. Nach gut 45 Minuten ist dann alles vorbei. „In den nächsten Tagen werden wir gemeinsam die Übung noch aufarbeiten müssen, um die gemachten Fehler abzustellen“, zog der Stadtbrandinspektor ein erstes Resümee.