Was denn ihre größte Herausforderung sei, wird Adelheid Müther gefragt, die bei den Burgfestspielen nun bereits in der siebenten Spielzeit Regie führt. „Die Burg verschwinden zu lassen“, entgegnet sie knapp. Denn das Stück „Mein Freund Harvey“ spielt in den Fünfzigern in einem amerikanischen Millionärs-Junggesellenhaushalt – da ist ein altes Gemäuer schlicht nicht vorgesehen. Premiere ist am Freitag, 3. Juni.
Bad Vilbel. Weil Burgmauern nicht zum Stück passen, werden sie bei den Vorstellungen mit schwarzen Holzbrettern verdeckt. Davor steht ein von Bühnenbildnerin Marie-Therese Cramer entworfener hölzerner Kubus auf einer Drehscheibe.
Die Farben des Interieurs fehlen bei der Probe noch: Zartrosa für Elwood P. Dowds nobles Zuhause, ein kaltes Grün für das Sanatorium, in das ihn später sein Faible für einen zwei Meter großen, aber unsichtbaren Hasen führt – nachdem zuvor fälschlicherweise seine Schwester eingewiesen wurde. Davor steht ein Uralt-Telefon mit Wählscheibe. Auch die Kostüme zeigen nostalgische Eleganz im Stil der 1950er-Jahre. Die Damen tragen Handtasche, Handschuhe und Hüte in einheitlichem Farbton, die Herren Hüte und Anzüge.
Ambiente fasziniert
Peter Albers (57) spielt die Hauptrolle des exzentrischen Junggesellen Elwood P. Dowds. Nach 30 Jahren an Stadttheatern, unter anderem bei dem renommierten Münchner Residenztheater-Intendanten Dieter Dorn, ist er seit sechs Jahren als freiberuflicher Schauspieler tätig. „Ich hatte in 35 Jahren noch nie ein Vorsprechen“, erzählt er. In Bad Vilbel war denn Premiere und hat dann drei Minuten gedauert – dann hatte er die Rolle. „Ich wusste sofort – er ist es“, merkt Müther an.
Positiv überrascht hat Albers das Bad Vilbeler Ambiente. Dass man bei den Proben kostenlos Mineralwasser bekomme, die schöne Unterkunft in Dortelweil. „Ich habe mir ein Rad gekauft, es ist ein Vergnügen, hier zu sein.“
Auch Regisseurin Müther freut sich, im 30. Jahr der Festspiele wieder dabei zu sein. Sechs in der Burg neue Schauspieler lernte sie jetzt kennen. „Mein Freund Harvey“ sei ein Klassiker, der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschiebe, erläutert sie.
Ob es den legendären Hasen wirklich gibt, lässt sie offen. Denn man solle sich mehr Fantasie zutrauen, findet sie. Für Albers ist das „Harvey-Stück“ so schwergewichtig wie ein Klassiker. Das Boulevardstück stelle durchaus nachdenkliche Fragen: „Wie gehe ich mit Menschen um? Was ist Freundlichkeit?“
Doch nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter den Kulissen sorgt „Harvey“ für gute Stimmung. Denn für das Stück hat Stada die Patenschaft übernommen. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) lobte das Bad Vilbeler Pharmaunternehmen, das seit Jahren ein verlässlicher Partner der Burgfestspiele sei.
Aufgestockt
Das möchte Stada auch in Zukunft sein, betont Unternehmenssprecherin Ute Pantke. Und weil nun die 30. Saison anstehe, habe man die bisherige Förderung von 25 000 auf 30 000 Euro aufgestockt. Das Unternehmen habe die Burgfestspiele begleitet von den kleinen Anfängen an bis heute, wo sie über Hessen hinaus bekannt seien. Häufig werde Pantke von Geschäftspartnern angesprochen, wann es denn wieder mit den Freilichtspielen losgehe und was auf dem Programm stehe.
Neben den Vorstellungen im Bad Vilbeler Burghof (siehe Service-Kasten) macht das Ensemble am 28. Juni mit der Inszenierung auch einen Abstecher zu den Festspielen nach Neuwied.
Ihre Uraufführung erlebte die Komödie der Theaterautorin Mary Chase 1944 in New York.