Nidderau. Die ersten Schritte zu einem Bürgerhaushalt in Nidderau sind beschlossen. Doch der soll lieber nicht so heißen, findet Karl-Christian Schelzke, Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes (HSGB). Er war vom Haupt- und Finanzausschuss erneut als Experte zum Thema geladen. Schelzke präferiert den Begriff Leitbild.
„Was wollen Sie den Bürgern präsentieren, wenn Sie sie zu einer Diskussion über den städtischen Haushalt einladen? Etwa ein vierseitiges Papier, vollgedruckt mit Zahlen?“, fragte Schelzke die Ausschussmitglieder. Die Antwort gab er gleich selbst. So ein Zahlenwerk überfordere die Bürger fast immer. Deshalb habe eine solche Vorgehensweise nur mäßige Aussicht auf Erfolg.
Arbeitsgruppe bilden
Schelzke schlug vor, bei einer ersten Veranstaltung den Bürgern reinen Wein über die kritische Finanzlage der Stadt einzuschenken. Dann sollte in einem zweiten Schritt von einer Arbeitsgruppe, die ausschließlich mit Bürgern besetzt werden soll, Themenkreise herauskristallisiert werden, auf die sich die folgende Diskussion und die Aktionen beschränken sollten. Das könnten Themen aus dem Sozialbereich, dem Kulturbereich genauso sein wie zur Versorgungslage oder der Kinderbetreuung in der Stadt. Darüber müsse die Arbeitsgruppe entscheiden. Da die Finanzen der Stadt bei der Schwerpunktsetzung eine entscheidende Rolle spielten, käme auf diesem Umwege der Haushalt ins Gespräch. Weil nicht alles Wünschenswerte finanzierbar sei, müssten die Bürger selbst entscheiden, welchem Bereich sie den Vorzug einräumten.
„Und dann sind wir beim Bürgerhaushalt, weil die Bürger über die Ziele und den Weg dorthin selbst entscheiden können“, sagte Schelzke.
Sparvorschläge nötig
In dieser Phase sollten sich die Politiker heraushalten und höchstens auf Anfrage zur Verfügung stehen. Sie kämen erst abschließend wieder ins Gespräch, wenn die Arbeitsgruppe dem Parlament ihre Vorschläge präsentierte, die das Parlament dann ablehnen oder beschließen müsse. Da sich bei den Diskussionen in der Arbeitsgruppe herauskristallisieren werde, dass einige bisher übliche freiwillige Leistungen der Stadt aus finanziellen Gründen künftig so nicht mehr angeboten werden können, werde von den Bürgern auch nach Alternativen gesucht. Etwa der Betrieb des städtischen Schwimmbades durch eine Genossenschaft oder des Kinderhortes durch einen Elternverein.
Zielrichtung dieser Vorgehensweise müsse sein, so Schelzke, die Stadt finanziell zu entlasten und die Bürger bei diesen Entscheidungen zu beteiligen. „Wenn Sie von Anfang an mit den Bürgern nur über Zahlen reden wollen, stehen Sie sehr schnell alleine da.“
Starten soll der Prozess in diesem Frühjahr und bis zum Herbst dauern. Die CDU, die den Bürgerhaushalt im vergangenen Jahr in der Stadtverordnetenversammlung initiiert hat, setzte sich im Ausschuss dafür ein, so zeitig zu beginnen, damit die Ergebnisse in den nächsten Haushalt einfließen können.