Teure Stromrechnungen? Karbener sollen eine Rückzahlung erhalten: Sie können sich mit Bürgerdarlehen an Energieprojekten der Stadt beteiligen, bekommen dafür Rendite.
Karben. Es ist in der aktuellen Tiefzinsphase ein verlockendes Angebot: Drei Prozent Rendite zehn Jahre lang für 2000, 4000, 6000, 8000 oder 10000Euro „Einlage“. Mit diesen Summen kann sich jeder Bürger in Karben und jeder, der dort arbeitet, an den Energieinvestitionen der Stadt beteiligen.
„Die Bafin hat uns die Genehmigung erteilt“, ist Bürgermeister Guido Rahn (CDU) erleichtert. Die Bankenaufsicht musste dem Investmentgeschäft ihr Plazet geben. Darlehen im Volumen von 700000Euro sollen in einer ersten Tranche angenommen werden.
Die Zeichnungsfrist läuft seit dem 2. April und noch bis zum 15.April. „Wer zuerst kommt, darf zuerst mitmachen“, erklärt Gerhard Cornelius, ehrenamtlicher Chef der Karbenenergie GmbH. 80Interessenten hatten sich im Vorfeld gemeldet. Kaum kündigte die Stadt ihnen Konkretes an, meldeten sich sofort die ersten sechs Bürger, wollen nun zusammen 110000Euro anlegen.
Dabei hat die Stadt durchaus ein politisches Anliegen: „Wir wollen die Bürger in dem Maß beteiligen, wie sie durch das EEG zusätzlich belastet werden“, sagt Cornelius. Sprich: Zahlen die Bürger mehr Stromzuschläge wegen des Ausbaus bei Wind & Sonne, können sie nun mit Beteiligungen in genau solche Investments die Gewinne daraus mitabkassieren.
Windpark Petterweil
Die Stadt selbst hat in den vergangenen Jahren reichlich investiert: Eine Million Euro werden am Ende in die Photovoltaik geflossen sein, 200000Euro Eigenkapital stecken in der Biogasanlage Groß-Karben. Die Bürgergelder werden Bankkredite von Karbenenergie ablösen. Damit werden die Bürger in Tranche eins an der Biogas- sowie an fünf Solaranlagen beteiligt. Das verschafft der Kommune Spielraum. Karbenenergie kann wieder investieren: Zum einen sollen schon in einigen Wochen zwei weitere Solaranlagen gebaut werden. „Wir haben selbst keine geeigneten Dächer mehr“, erklärt Cornelius. Die Anlagen sollen deshalb in Klein-Karben auf die Dächer der Vereinsheime von KSV und Selzerbrunnen-Schützen montiert werden. „Die Vereine erhalten dafür Miete“, sieht der Rahn Gewinner auf beiden Seiten.
Zum anderen will Karben in Windparks auf der Kaicher Höhe bei Burg-Gräfenrode sowie nahe Petterweil investieren. Letzteres Projekt kommt dabei schneller voran: Die vier Windräder wollen Hersteller Enercon, die Stadtwerke Bad Homburg und Karbenenergie Anfang 2014 bauen und dafür eine gemeinsame Betreiberfirma gründen, kündigt Gerhard Cornelius an. Enercon solle die Hälfte bekommen, die Nachbarstädte den Rest – wobei auch die Stadt Eschborn mitmachen wolle. Zwei, drei Millionen dürfte allein die Karbener dieses Wind-Investment kosten.
Die Bürger zu beteiligen fällt der Stadt angesichts guter Erlöse offenkundig nicht schwer. Wie hoch diese unterm Strich – also mit sämtlicher Solar- und Biogasenergie – ausfallen werden, sobald die Investitionen bezahlt sind, mag Rahn auch auf Nachfrage aber nicht sagen. Doch es dürften hunderttausende Euro sein, die als Energie-Erlöse ab 2015 in die Stadtkasse fließen können.
Nicht ohne Risiko
An den Windrädern sollen sich die Bürger wohl in einer zweiten Tranche im zweiten Halbjahr auch beteiligen können. Das Investment sei aber nicht ohne Risiko, erinnert Guido Rahn. „Darauf sind wir verpflichtet hinzuweisen.“ Wird Karbenenergie zahlungsunfähig, ist das Bürgergeld weg. „Aber die Stadt hat kein Interesse, eine hundertprozentige Tochter in Insolvenz gehen zu lassen“, sagt der Bürgermeister. „das wäre für unser Image ja verheerend.“ Andererseits seien die Einnahmen dank der Energie-Gesetze auf 20Jahre gesichert, erinnert Cornelius. „Das ist also eigentlich ohne Risiko.“ (den)
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