Karben. Ein paar Kilo müssen bis zum Kampf am Freitag, 4. November, noch runter, wenn Sidon gegen andere Boxer, Kickboxer, Thaiboxer und Freefighter antritt. Dass er fit ist, hat der 1,97 Meter große und 110 Kilo schwere Profi erst am 1. Oktober mit seinem Sieg gegen den Russen Jury Zizer in Frankfurt bewiesen.
Trotzdem denkt der 48-Jährige daran, sich allmählich vom aktiven Sport zu verabschieden und sich seinen Lebenstraum zu erfüllen: eine Boxschule.
Den Segen seiner drei Kinder Saskia (19), Albano (17) und Mandana (13) hat der verwitwete, allein erziehende Vater. „Wir unterstützen alles, was er machen will“, verrät Saskia. Die Wirtschaftsstudentin ist durchaus bereit, im Management ihres Vaters einzusteigen. Wenn nichts dazwischen kommt. Denn eigentlich kam bisher immer etwas dazwischen im Leben von Andreas Sidon, der nie vorhatte, Boxer zu werden.
Mit zehn Jahren verlor er seine Eltern bei einem Verkehrsunfall und wuchs im Heim auf. Weil er groß gewachsen war, steckte man ihn mit den Älteren zusammen. „Ich musste mich gegen sie behaupten und durchkämpfen und bin dankbar für diese wegweisenden Erfahrungen“, sagt er heute. Dass er mit Sport Geld verdienen wollte, wusste der begeisterte Fußballer schon früh. Aber mit 25 Jahren sah er ein, dass das in seinem Sport schwierig ist.
Er machte Fachabitur und eine Gärtnerlehre, verkaufte auf den Kanaren Immobilien und wandte sich den Kampfsportarten zu. Mit 5000 Mark in der Tasche fuhr er nach Thailand, um drei Monate in einer Thaibox-Schule zu leben. Als er nach Deutschland zurück wollte, erfuhr er, dass er Vater wird. Also blieb er und ernährte seine Familie mit Schaukämpfen für Touristen.
Als die Familie nach zwei Jahren nach Deutschland kam, gab Sidon Privatunterricht, arbeitete als Bodyguard und Türsteher. Zufällig geriet er in einen Wettkampf und wurde auf Anhieb Deutscher Thaibox-Meister. 1995 wurde er in Bangkok sogar Vize-Weltmeister. Er marschierte praktisch vom Stand heraus durch bis zur Deutschen Meisterschaft im Boxen, bei der er „weggepunktet“ wurde. „Zu recht“, wie er meint, „denn ich konnte gar nicht boxen“. Die Technik habe er erst gelernt und mit 37 Jahren beherrscht. Doch da hatte er dann schon die Altersgrenze für Amateurboxer überschritten. Also wechselte er schließlich ins Profilager.
Sein zweiter Kampf bescherte ihm 1999 den späteren Weltmeister Nikolai Walujew. Das bedeutete 1,97 gegen 2,17 Meter und 107 gegen 148 Kilo. Als der Ringrichter den Kampf abbrechen wollte, protestierte das Publikum. Der Richter warf das Handtuch und ging. Die Kontrahenten kämpften unter chaotischen Zuständen sechs Runden zu Ende. Doch der legendäre Kampf wurde nicht gewertet.
Andreas Sidons Bilanz kann sich sehen lassen: 36 Siege bei 47 Kämpfen. Am Bildschirm kann jeder am 4. November ab 20 Uhr auf Eurosport verfolgen, wie Sidon sich bei seinem nächsten Kampf schlägt.