Autofahrer müssen sich in Karben viel weniger als bislang gedacht vor Tempokontrollen fürchten. Das deckt die SPD auf – obwohl sie eigentlich das Gegenteil erreichen wollte.
Karben. Der Vorstoß scheint ja wie gemacht für eine Gegenstoß im Wahlkampf, dürften sich Karbens Sozialdemokraten gedacht haben: die Anordnung von Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP), dass Warnschilder vor fest installierten Tempo-Blitzern aufgestellt werden sollen.
Flugs ist der Antrag für’s Stadtparlament formuliert: Diese soll den Minister auffordern, das Vorhaben zu stoppen. Und falls die Schilder kommen, dürfe die Stadt sie nicht bezahlen müssen, fordert Fraktionschef Thomas Görlich.
In Öffentlichkeit gezerrt
„Ein Blitzer braucht einen Überraschungseffekt“, findet der SPD-Mann. „Autofahrer müssen bei Verstößen auch gemaßregelt werden.“ Sprich: Die doppelte Unsicherheit soll mitfahren – dass überall ein fester Blitzer stehen könnte. Und bei „diversen Blitzern“ im Stadtgebiet durch Austausch der Kameras jederzeit das rote Blitzlicht den Ertappten überführen kann.
Selbst FDP-Stadtverordneter Oliver Feyl wischt dieses Argument nicht einfach so vom Tisch. Bei Hessens Liberalen habe es durchaus Diskussionen über den Vorstoß des Parteifreundes gegeben, räumt er ein: „Ob es noch mehr Schilder im Land braucht, ist umstritten.“ .
Dabei bringt Feyl auch das zentrale Argument, warum der SPD-Antrag wenig Sinn macht: „Die Stadt ist doch überhaupt nicht betroffen.“ Denn für das Aufstellen der Schilder sei der zuständig, dem die Straße gehöre. Und alle stationären Blitzer stünden an Asphaltpisten, die das Land selbst unterhalten müsste. „Nirgendwo steht einer an einer städtischen Straße.“
Darauf hatte auch Bürgermeister Guido Rahn (CDU) die SPD bereits hingewiesen. Dafür nutze er am Vorabend der Stadtverordnetensitzung das Treffen des Hauptausschusses.
Mitspracherecht fehlt
Eindringlich erklärte er, warum der Antrag keinen Sinn mache – und eine weitere Diskussion nur der gut funktionierenden und günstigen Drohkulisse der Kommune nur schaden könne. „Der Antrag ist die Sache nicht wert“, sagt Rahn, da die Stadt überhaupt nicht betroffen sei.
Die SPD aber überzeugt das nicht. Auch in der großen, öffentlichen Runde der Stadtverordnetenversammlung bricht sie die Diskussion los. Weshalb sich der Bürgermeister zu Wort meldet und dem SPD-Fraktionschef mit einem lauten Seufzer widerspricht: „Es gibt nicht ,diverse Blitzer‘ in Karben, sondern zwei fest installierte Blitzer an einer einzigen Stelle.“ Nur dort seien derartige Schilder vorgesehen, und die Stadt habe keine Möglichkeit einzugreifen: „Die Straßenmeisterei Friedberg hat angekündigt, dass sie die Schilder aufstellen wird, sie sind schon bestellt. Wir haben kein Mitspracherecht.“
Welche Stelle das sei, sage er bewusst nicht, erklärt Rahn. Sobald die Schilder stehen, wissen alle, welche der Tempokontrollkästen „scharf“ sind. Immerhin startet Rahn einen Rettungsversuch: „Vor mobilen Blitzern muss weiterhin nicht gewarnt werden.“ Diese Kontrollen wolle die Stadt intensiv fortführen.
Ach ja, keine Überraschung: CDU, FW und FDP bügeln mit ihrer Mehrheit den Antrag ab.
Seine erste Sitzung als Stadtverordneter erlebt Daniel Kömpel (SPD) als Nachrücker für SPD-Verkehrsexperten Helge Gottschalk. Ein wenig entsetzt klingt Kömpel, als er zum Ende der Blitzer-Debatte mit bitterer Ironie formuliert: „Nun haben wir wenigstens den Bürgern mitgeteilt, dass fast nur Attrappen in der Stadt stehen.“ (den)