Bad Vilbel. „Wir sind gespannt, wie das wird“, sagt Pfarrer Klaus Neumeier. Er spricht von 13 Jugendlichen der Christuskirchengemeinde im Alter zwischen 14 und 22 Jahren, die von Sonntag an eine Woche lang im Schaufenster eines leer stehenden Geschäfts in der Frankfurter Straße 57 öffentlich als „Schaufensterchristen“ leben und dabei für Gespräche mit Besuchern und Passanten führen wollen. „Interesse“, „Aufgeschlossenheit“, Neugier“, „die Bereitschaft mitzumachen“, aber „hoffentlich keine Ablehnung“ erwarten Matthias (18), Svenja (18), Jana (16), Judith (22) und ihre Freunde.
„Big Brother auf evangelisch“? Weder der Pfarrer noch die Jugendlichen haben etwas gegen diese Bezeichnung, „obwohl der Begriff nur einen Teil dessen abdeckt, was wir sein wollen“, so Neumeier. Täglich gibt es in der „Christen-WG“ zwischen 15 und 18 Uhr Mittagsaktionen zu wechselnden Themen, die einen Teil des Lebens jedes Menschen ausmachen. Die Teilnehmer selbst haben sie zusammengestellt. „Mein Glaube, meine Zweifel“ macht am Sonntag den Anfang. Dann folgen „meine Zuflucht“ am Montag, „mein Tod“ am Dienstag, „meine Schätze“ am Mittwoch, am Donnerstag „meine Träume“, am Freitag „meine Stärken und Schwächen“, schließlich „meine Helden“ am Samstag. „Wir setzen uns untereinander damit auseinander und bieten allen an, daran teil zu haben“, betont Judith. Sie erklärt, warum auch der Tod von jungen Leuten thematisiert wird: „Irgendwann ist jeder in irgendeiner Form mit dem Tod konfrontiert. Und das verändert sein Leben, egal wie alt er ist.“
Jeweils eine halbe Stunde vor der Mittagsaktion öffnen die „Schaufensterchristen“ ihr Domizil ab 14.30 Uhr und empfangen dort Besuch bis 18.30 Uhr. Dann wieder von 20 bis 22 Uhr. Jeden Abend gibt es um 20.30 Uhr eine Abendandacht.
„Wir treffen dabei spontan mit den Älteren zusammen, werden uns mit ihnen ganz anders unterhalten als sonst und können ihnen zeigen, was wir in der Gemeinde machen“, freuen sich die Jugendlichen. Gleichaltrigen wollen sie mit ihrer Aktion zeigen, dass Christ-Sein nicht darin besteht den ganzen Tag zu beten und am Sonntag den Gottesdienst zu besuchen. „Wir sind normale Menschen und Jugendarbeit in der Kirche ist spannend und lebendig, das Gegenteil von langweilig.“ Deshalb wird es auch ein Vormittagsprogramm mit Besuchsangebots an die Schulen geben. Da wird allerdings der Pfarrer mit weiteren Helfern einspringen müssen, denn die Jugendlichen sind zu dieser Zeit selbst in der Schule.
Das Essen und Schlafen der „Schaufensterchristen“ findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Raum hinter dem Laden statt. „Es gibt keine Video-Live-Übertragung von dort. Deshalb unterscheiden wir uns schon etwas von Big Brother“, betont Pfarrer Dr. Klaus Neumeier. Eine Bar, Tische, Couch und Schlafmöglichkeiten werden mitgebracht, auch die Wände in dem Haus, das abgebrochen werden soll, gestalten die Jugendlichen nach eigenem Geschmack.
Der Mensch mit dem Fisch – ein altes Symbol für Christen, das als Logo im Schaufenster auf die Aktion hinweist – soll auch die Wandflächen zieren.