Nach vielen Jahren auf der Flucht lebt Hassan Jan Hassani aus Afghanistan nun in Kloppenheim .
Karben. Deutschland braucht aufgrund der demografischen Entwicklung jedes Jahr im Schnitt mehr als eine halbe Million Zuwanderer, wenn es sein Sozialsystem bis zum Jahr 2050 stabil halten will. Flüchtlinge und andere Menschen, die nach Deutschland kommen, bringen Erfahrungen, Wissen und Ideen mit. Allerdings ist Integration kein Selbstläufer. Sie stellt Kommunen vor große Herausforderungen.
Die Bürger sind aufgerufen ihren Beitrag zu leisten. Dies tun auch viele, indem sie sich ehrenamtlich engagieren beispielsweise als Sprachlehrer und Betreuer. Die Flüchtlinge sind meist hoch motiviert. Sie haben in ihren Ländern keine Zukunft, sei es aus politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Gründen.
Der 18-jährige Hassan Jan Hassani versucht nach seiner Flucht in Karben Fuß zu fassen. Geboren ist er in Afghanistan, aufgewachsen in Teheran. Der politisch verfolgte Vater starb bei einem Autounfall – so die offizielle Version der Behörden.
Die kranke Mutter gab ihren älteren Sohn in die Obhut eines begüterten Onkels. Der schickte ihn nicht auf eine Schule wie erhofft, sondern missbrauchte ihn als Drogenkurier. Hassan wurde von der iranischen Polizei verhaftet. „Mein Onkel kam ins Gefängnis und drohte, falls ich ihn beschuldige, würde er mich, die Mutter und den kleinen Bruder umbringen.“ Seine verzweifelte Mutter erzählte dies der Polizei. Der Onkel wurde festgenommen.
Als der damals 15-Jährige dann hörte, dass der Onkel und dessen Freunde aufgrund ihrer Beziehungen frei kommen sollten, bekam er große Angst. Er floh zunächst nach Istanbul und von dort übers Meer nach Griechenland. „Ich wollte in das mit 25 Personen überfüllte Schlauchboot nicht einsteigen. Der Kapitän warf zwei Leute über Bord, um Platz für andere Flüchtlinge zu bekommen. Ich fiel bei dieser brutalen Attacke mit dem Kopf auf den Motor und war bewusstlos. Aufgewacht bin ich in Griechenland.“
Über Serbien und Ungarn ging die Flucht weiter nach Deutschland und ins Erstaufnahmelager nach Gießen. „Jetzt konnte ich endlich in die Schule gehen und hatte aber große Angst davor . Ich konnte kein Deutsch, keinen Stift richtig halten und nichts außer meinem Namen schreiben.“
Ein Lehrer organisierte für Hassan Nachhilfe und nach zwei Monaten konnte er schreiben. Sein Betreuer half dem wissbegierigen Schüler, der nach vier Monaten ein bisschen Lesen, Schreiben und einige Wörter auf Deutsch sprechen konnte. Nach einem halben Jahr kam Hassan nach Kloppenheim zu einem neuen Betreuer. Er besucht derzeit die Philipp-Reis-Schule in Friedberg. Sein erstes Halbjahreszeugnis war gut. „Ich kann jetzt etwas Deutsch, Persisch und Englisch sprechen, schreiben und lesen. Ich möchte weiter lernen, aber meine Mutter und mein Bruder brauchen Hilfe. Ich schicke den größten Teil meines Taschengeldes nach Hause.“ Die Mutter verlor auf ihrer Arbeit einen Finger.
Hassan sucht dringend eine Lehrstelle. Er ist oft sehr traurig und macht sich große Sorgen um seine Familie. Er will den Hauptschulabschluss machen und eine Ausbildung zum Elektriker. „Ich habe bereits im Iran eineinhalb Jahre bei einem Elektriker gearbeitet.“