Karben. Die Chancen, dass am Bahnhof Groß-Karben eine Videoüberwachung installiert wird, stehen schlecht. Der Stadt Karben wird das Vorhaben zu teuer – zumal die Sicherheitslage am Bahnhof sogar besser ist als an anderen Stellen in der Stadt.
Die Zahlen der Polizei sprechen eine klare Sprache: Die meisten Straftaten im Groß-Karbener Bahnhofsumfeld geschehen nicht auf den Bahnsteigen, in der Unterführung, auf dem Bahnhofsvorplatz, sondern ein paar Meter entfernt im Selzerbrunnencenter. 35 Ladendiebstähle allein 2009 und einige Einbrüche sowie Autoaufbrüche verhageln die Statistik. Auf dem Park+Ride-Parkplatz hat es 2008 wie auch 2009 bloß „zwei, drei, vier Autoaufbrüche“ gegeben und zwei Einbrüche in den Kiosk, berichtet der Sprecher der Wetterauer Polizei, Jörg Reinemer. „Der Bahnhof selbst ist kein starker Anziehungspunkt für Kriminelle.“ Das Argument dürfte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) gut gefallen. Bisher hatte er sich ebenso wie sein Ordnungsdezernent und Stadtrat Jochen Schmitt (SPD) und alle Parteien im Parlament für eine Videoüberwachung stark gemacht.
Nach der öffentlichen Ausschreibung liegen die Angebote vor. Und sind den Karbener offenkundig zu teuer. „Einmalig 85 000 Euro für den Aufbau der Anlage plus 6000 Euro pro Jahr für den Unterhalt“ müsse die Stadt stemmen, berichtet Rahn – wobei für den Bau noch geringe Zuschüsse flössen.
Hinzu kämen neben dem Unterhalt aber weitere Kosten, wenn etwas kaputt gehe, zum Beispiel eine Kamera ersetzt werden müsse. „Das werden mehr als 200 000 Euro, wenn wir es auf zehn Jahre hochrechnen“, befürchtet Rahn.
Deshalb tritt der Bürgermeister auf die Bremse: Er will nun „alle Varianten durchprüfen“. Das Ergebnis könne ohne Weiteres auch ein Verzicht auf die Videoüberwachung sein: „Ein Hauptargument ist, dass es sich auch rechnen muss“, sagt Guido Rahn. Zumal am Bahnhof die „Kriminalität drastisch zurückgegangen“ sei.
Das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste will der Bürgermeister auch ohne Videoüberwachung verbessern: Mit der „Sicherheitswache“ im Bahnhofsgebäude. Es soll im Herbst renoviert werden, dann sollen Ordnungspolizei, der „Schutzmann vor Ort“ der Landespolizei und der Freiwillige Polizeidienst einziehen.
Die Idee der „Sicherheitswache“ kritisiert die oppositionelle SPD als unausgereift an. „Hier wird den Bürgern eine Sicherheit suggeriert, die nicht vorhanden ist“, sagt Fraktionschef Thomas Görlich. „Bis jetzt ist die ,Sicherheitswache‘ nur ein neues Büro des Ordnungsamtes“.
Dass noch nicht alles fertig geplant ist, räumt Rahn ein. „Jetzt kommen die technischen Details.“ Doch habe sich die Option der „Sicherheitswache“ erst zeitgleich mit dem Angebot für die Videoüberwachung eröffnet. Nun stelle sich die Frage, ob „wir das Geld statt für die Kameras nicht besser in Manpower investieren“, sagt Rahn. Dabei denkt der Bürgermeister an Extra-Personal für die Ordnungspolizei. Auch damit könnten dann dessen Dienstzeiten in den Abendstunden ausgeweitet werden, bis die letzten S-Bahnen fahren. (den)