Bad Vilbel/Frankfurt. Obwohl der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel (VGH) im Juli erhebliche Zweifel am viergleisigen Ausbau der Main-Weser-Bahn äußerte, will die Bahn durch die Hintertür mit dem Projekt beginnen. So der Vorwurf von Jan F. Wagner, Sprecher der Frankfurter Bürgerinitiative „Taunusside“. Die Auflagenverfügung des VGH ignorierend, versuche die Bahn nun den Ausbau der Main-Weser-Bahn zwischen Friedberg und Bad Vilbel voranzutreiben. Die Planung dieses zweiten Bauabschnitts steht nun fest und wird der Öffentlichkeit zwischen dem 25. August und dem 26. September präsentiert (siehe Info-Box).
Zwischen Westbahnhof und Bad Vilbel hat die Deutsche Bahn trotz der bereits 1998 eingeleiteten Planfeststellung bis heute kein Baurecht, weil gegen das Projekt erfolgreich geklagt wurde. Im Mai und Juli hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Bahn aufgefordert, eine neue Prognose für den Zugverkehr nach dem Ausbau vorzulegen (die FNP berichtete). Die Bahn habe laut VGH die erhebliche Zunahme des Güterzugverkehrs bis 2025 nicht berücksichtigt, der eine wesentlich höhere Lärmbelastung für die Anwohner der Strecke mit sich bringen würde – und damit einen verbesserten Schall- und Erschütterungsschutz notwendig machen würde.
Das wird mutmaßlich auch so kommen. Denn – etwas kurios in dem zeitlichen Ablauf – in den Unterlagen, die ab nächstem Donnerstag öffentlich ausliegen und die die Bürgermeister und Ortsvorsteher der betroffenen Kommunen bereits im März vorab erhielten, sind die geforderten aktualisierten Zahlen bereits vorhanden. Aktuell verkehren tags durchschnittlich 177 und nachts 18 S-Bahnen. 2025 soll es eine zusätzliche Fahrt geben. Die Regionalzüge nähmen sogar von 102 auf 96 ab. Deutlich zunehmen wird aber der Güterverkehr: Von jetzt tags 34 und nachts 37 Züge auf 39 tags und 52 nachts in 14 Jahren.
„Auf der Internetseite ist zu lesen, ,durch den Ausbau soll eine Verbesserung der derzeitigen unbefriedigenden Betriebsqualität und die Reduzierung der Verspätungen im S-Bahn-Betrieb erreicht werden’. Fakt ist jedoch, dass die S6 laut RMV-Verkehrsverbund bereits heute deutlich über den Pünktlichkeitsanforderungen liegt“, sagt Wagner. Fakt sei, dass der Ausbau dem Zweck diene, den Verkehr mit Güterzügen und Fernzügen drastisch zu erhöhen. „Die Fokussierung auf die S6 ist nichts weiteres als ein Ablenkungsmanöver. Denn die Bahn will nicht zugeben, dass öffentliche Mittel – nach aktuellen Schätzungen etwa 600 Millionen Euro – zweckentfremdet werden“, so der Taunusside-Sprecher.
Bereits gegen den ersten Planfeststellungsbeschluss von 2004 wurde geklagt, seit 2009 wird der zweite Beschluss vor Gericht verhandelt. Solange dieser aufgrund der Klagen nicht rechtskräftig ist, hat die Bahn auch für den Streckenabschnitt von Frankfurt-West bis Berkersheim kein Baurecht. (dd)