Karben. Schon seit Langem ist klar, dass es im Karbener Stadtwald massive Schäden an den Bäumen gibt. Nach einem Vortrag von Forstamtsleiter Bernd Reißmann vor Stadtverordneten ist klar: Es gibt dringenden Handlungsbedarf.
Wer mit offenen Augen durch den Karbener Wald läuft, kann schadhafte Bäume unschwer erkennen. An den Wegesrändern liegen dicke Buchen, deren Rinde aufgeplatzt ist und deren Stämme von Löchern zerfressen und Gängen durchzogen sind. Hier haben Buchenschädlinge den massiven Bäumen derart zugesetzt, dass sie gefällt werden mussten. Weiter im Innern des Waldes liegen umgefallene Fichten.
An einigen Stellen nahe dem Trimmpfad sind gesägte Baumstämme zu größeren Haufen aufgetürmt worden. Keine Frage, auch für den Laien ist erkennbar, dass der Wald leidet. Die trockenen Sommer und die frostfreien Winter haben dem Wald zugesetzt. Das war auch den Mitgliedern der SPD-Fraktion aufgefallen, sodass sie Anfang des Jahres gleich drei Anträge zum Wald formulierten. In den Februar-Sitzungen der Gremien wurde eine Entscheidung darüber vertagt, bis ein Experte des Forstamtes Nidda zunächst einmal systematisch die Probleme des Waldes geschildert haben würde. Aufgrund der Corona-Pause der Gremien vergingen einige Monate. Jetzt wurde das Thema wieder aufgegriffen. Bernd Reißmann, Leiter des Forstamtes Nidda, war nach Karben gekommen, um die Lage des Forstbezirks und des Stadtwaldes darzustellen.
Dass der Karbener Wald weniger Wirtschaftswald als Erholungswald ist, lässt sich an den von ihm vorgestellten Zahlen ablesen: Betrugen die Einnahmen aus dem Holzverkauf im Jahr 2009 noch 238 000 Euro, ging dieser Wert im Jahr 2018 auf rund 71 000 Euro zurück. Den gesamten Marktwert gab er mit rund zwei Millionen Euro an.
Breiten Raum nahm in seinem Vortrag der Klimawandel und dessen Auswirkungen auf den Wald ein. Die Forstexperten gehen von einer Erderwärmung bis zum Jahr 2070 von zwei bis fünf Grad Celsius aus. Es gebe wärmere Sommer, deutlich wärmere Winter und verlängerte Vegetationszeiten. Daneben beobachte man häufigere Witterungsextreme wie Dürren, Starkregen und Stürme. Das Ganze sei schon seit Längerem spürbar.
Höhere Temperatur
Derzeit betrügen die durchschnittlichen Temperaturen zwischen 1981 und dem Jahr 2010 15,4 Grad; eine Projektion bis 2070 ergebe eine Durchschnittstemperatur von 17,3 Grad. Die Niederschlagsmenge nehme von 350 auf 311 Millimeter ab. Wichtiger noch sei, dass die im Winter fallenden Niederschläge nicht mehr die Dürre in den Sommermonaten ausgleichen könnten. Die von Reißmann vorgestellte Wasserbilanz musste erschrecken: Von aktuell minus 102 Millimeter wird sie laut Projektion auf minus 257 Millimeter steigen.
Es wird also deutlich trockener. Die Forstfachleute fassen dies in einem Wort zusammen: Trockenstressgefährdung. Diese sei bei Fichten und Buchen am höchsten. »Die Schäden sind gravierend, aber die Masse des Waldes steht noch«, sagte Reißmann den Stadtverordneten.
Auch Bürgermeister Guido Rahn (CDU) wies darauf hin, dass es aufgrund der Trockenheit der Vorjahre und des Borkenkäfers »erhebliche Schäden im Baumbestand« gebe. Daher müsse Hessen Forst handeln, zumal die Stadt für eventuelle Schäden durch umstürzende Bäume verantwortlich sei. »Wir stehen mit Hessen Forst im Austausch zwecks notwendiger Nachpflanzungen, zumal dies auch jedes Jahr ein Thema im Waldwirtschaftsplan ist.«