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Aufklärung statt Hysterie

Dort hinten am Ufer hätte Gottfried Lehr (r.) gerne eine Trauerweide gepflanzt. Dass das nicht möglich ist, hat juristische Gründe. Über solche und weitere Hintergründe berichtet er im Umweltausschuss von Jens Völker (l.). Foto: Rinkart
Dort hinten am Ufer hätte Gottfried Lehr (r.) gerne eine Trauerweide gepflanzt. Dass das nicht möglich ist, hat juristische Gründe. Über solche und weitere Hintergründe berichtet er im Umweltausschuss von Jens Völker (l.). Foto: Rinkart

Bad Vilbel. Die Bürger sind misstrauisch und wütend: Seit im Frühjahr die ersten Bäume für einen geplanten Radweg am Niddaufer fallen mussten, regt sich Widerstand. Jede weitere Fällaktion schlägt hohe Wellen – ganz gleich aus welchem Grund sie geschieht ist. CDU-Politiker Jens Völker will diesem Streit nun mit einer offensiven Informationskampagne begegnen und hat hochkarätige Experten in seinen Umweltausschuss eingeladen.
Jens Völker (CDU) hat schon einige Jahre Stadtpolitik auf dem Buckel. Seit 2006 sitzt er im Parlament, zurzeit ist er Vorsitzender des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses. Die Diskussion, die seit Monaten in der Quellenstadt geführt wird, übertreffe alle bisherigen Streitereien, sagt er.
VOLLER EMOTIONEN
»Seit 2006 habe ich noch nie so viele Emotionen zu einem Thema erlebt«, betont Völker. Höhepunkt war der Vortrag von Ronald Agel, Fachdienstleiter der Stadt für Park- und Gartenanlagen, in der jüngsten Ausschusssitzung. Über 30 Bürgerinnen und Bürger besuchten den sonst so ruhigen Ausschuss, die Emotionen kochten hoch, die Fronten waren verhärtet.
Das will Völker ändern. »Wir müssen jetzt reagieren, wir brauchen mehr Transparenz und müssen die Bürger mitnehmen«, ist sein Credo. »Wenn wir informieren, kann sich keiner mehr echauffieren.« Denn längst haben die Bürger deutlich gemacht, dass sie miteinbezogen werden wollen in die Frage, wie Plätze, Straßen und Parkanlagen in der Stadt begrünt sein sollen. Mit den »Gelbwespen« hat sich schnell eine Bürgerinitiative gegründet, und sie sorgt nicht nur auf Facebook für anhaltendes Misstrauen gegen die Stadt, sobald irgendwo ein Baum gefällt wird.
»Die Baustellen in Bad Vilbel präsentiert das Stadtmarketing gerne mit Führungen, so etwas sollten wir auch für Bäume machen«, hat sich Völker überlegt und Kraft seines Amtes als Vorsitzender des Umweltausschusses eine kleine Ringvorlesung ins Leben gerufen. In jeder Sitzung dieses Jahres soll ein anderer Experte einen Vortrag rund um das Thema Stadtbegrünung halten. Dadurch sollen sowohl die Bürger als auch die Stadtpolitiker umfassend informiert, die Debatte versachlicht und schlussendlich die Gemüter beruhigt werden.
Fünf Experten werden zu Wort kommen. Den Anfang machte am Dienstag ein bestens Bekannter: Gewässerökologe Gottfried Lehr sprach über die Nidda. Denn auch die Bäume an deren Ufer wurden immer wieder Thema in den Diskussionen. Lehr musste in seinem Leben schon etliche Bäume fällen lassen – für die Renaturierung der Nidda.
Denn oftmals gebe es Zusammenhänge, die vielen nicht bekannt seien: »Bäume auf der Uferböschung sind nur Alibi, weil sie dem Fluss nichts bringen«, erklärte Lehr. Die Bäume gehörten ans Ufer, um dem Wasser Schatten zu spenden. In den kleinen Buchten nahe der Neuen Mitte hätte er gerne die ein oder andere Trauerweide gepflanzt: »Das geht allerdings auch nicht«, betonte der Experte.
NIDDA ZU SCHMAL
Da die Nidda im Innenstadtbereich eigentlich viel zu schmal ist, gelte die gesetzliche Vorgabe. »Der Hochwasserschutz darf auf keinen Fall verschlechtert werden«, sagte Lehr. Bei jeder Baumaßnahme müssten daher hydraulische Berechnungen erfolgen. Bäume am Ufer könnten bei einem Hochwasser den Wasserdurchfluss hindern und so zum Problem werden. Oftmals sind sie daher schlicht nicht erlaubt. »Das ist komplexer, als die meisten denken«, staunte Völker. Er sagte: »Obwohl man was ökologisch Wertvolles macht, muss man manchmal Bäume fällen. Das müssen die Menschen verstehen.«
Im Juni spricht mit Peter Menke von der Stiftung Grüne Stadt ein weitgereister Experte. Er habe schon vor der CDU im Bundestag und der SPD im Landtag gesprochen, lobte Völker. Im Ausschuss werde Menke die Bedeutung von grüner Infrastruktur für die Städte vorstellen. Nach seiner Erfahrung sind Grünflächen vor allem in Zeiten des Klimawandels von enormer Bedeutung.