Die Osterzeit ist eine Zeit mit vielen Gottesdiensten. Der Karfreitag zählt zudem für einige Protestanten zu einem ihrer höchsten Feiertage. Jedenfalls können Christen von Gründonnerstag bis Ostern viele Gottesdienste besuchen. Oder können viele Christen nur mit dem Osterfest noch etwas Sinnvolles anfangen? Hängt das vielleicht mit dem parallelen Frühlingserwachen in der Natur zusammen? Hingegen scheint der Karfreitag mit dem Gedenken an den grausamen Kreuzestod Jesu vielen nicht wirklich feierwürdig zu sein.
Von einer regelmäßigen Gottesdienstbesucherin hörte ich kürzlich: „Am Karfreitag kann ich einfach nicht in die Kirche gehen. Die Botschaft vom sterbenden Jesus zieht mich psychisch runter.“ Darauf versuchte ich ihr eine andere Sichtweise zu vermitteln: „Sie können diese Botschaft auch positiv verstehen. Der stets liebende Gott leidet in seiner großen Liebe zu den Menschen mit ihnen, wo Krankheit, Unterdrückung, Folter und schreckliches Sterben alle unsere Lebensfreude wegnimmt. In der Tat: Was nützt mir ein Glaube nur an einen Schönwettergott? Wenn es mir also gut geht. Wo erfahre ich Hilfe und Beistand, wenn die Nacht des Lebens hereinbricht, wenn Schmerzen und Todesängste mich runterziehen? Ich meine, die christliche Botschaft ist deshalb von so großem Trost, weil sich Gott hier als ein mit den Menschen zutiefst solidarischer und mitleidender Gott zeigt. Der Satz „Du bist nie allein!“ macht nur dann wirklich Sinn, wo ich den solidarischen Weg des Jesus von Nazareth bis zu seinem Kreuzestod ansehe. Und glaube, dass Gott selbst da das Herz blutet. Jesus verblutet am Kreuz. Die Trauer seiner Jünger und Jüngerinnen ist wirklich groß. Was dann zwei Tage danach geschah, sprengt alle unsere Vorstellungen von der Endlichkeit unseres Lebens. Gott weckt Jesus von den Toten auf. Das heißt doch: Der Tod und unsere konkrete Traurigkeit über das Sterben eines geliebten Menschen behalten nicht das letzte Wort. Gott und die Wirklichkeit des Lebens sind größer und schöner als wir gewöhnlich denken. Gottes Wirklichkeit schließt die Endlichkeit ein und überwindet sie wunderbar. Die Beobachtung in der Natur, Gottes schöpferisches Tun darf mir ein Abbild für das Größte sein: Neues Leben sprießt verwandelt aus dem Alten. In einem neueren Kirchenlied heißt es: „Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt, Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt – Liebe lebt auf, die längst erstorben schien; Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.“ Ob uns diese österliche Botschaft neu ansprechen kann? Und spürbare Früchte im Alltag zeigt?
Pfarrer Matthias Gärtner,
Ev. Kirchengemeinde Dortelweil