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Auf eigenen Füßen unterwegs – Integrative Turn-Kurse des SV Fun-Ball fördern die Entwicklung vom gesunden oder behinderten Baby bis zum Kleinkind

Bad Vilbel. Noch etwas ungelenkt sieht es aus, wenn Caro-Linh läuft. Doch sie ist ein aufgewecktes Mädchen und schon mit flotten Schritten unterwegs. Mutter Andrea Nguyen verfolgt ihre Kleine, gerade 18 Monate alt, mit den Augen, lässt sie gewähren. An diesem Dienstagmorgen wuseln rund ein Dutzend Kleinkinder, die Krabbler und Lauf-Anfänger, vorwiegend mit ihren Müttern in der großen Turnhalle „Am Siegesbaum“ in Dortelweil umher. Es ist eines von fünf Angeboten im Bereich Baby-Turnen des SV Fun-Ball Dortelweil, die alle integrativ angeboten werden. „Eltern mit behinderten oder entwicklungsverzögerten Kindern sind herzlich willkommen“, betont Kursleiterin Heike Hildebrand und ergänzt, „gesunde Kinder wie Caro-Linh habe ich in jeder Altersstufe genug, aber es sind noch Plätze frei für behinderte oder entwicklungsverzögerte Kinder.“

Pünktlich um 9 Uhr versammelt sie die Anwesenden um den Mittelkreis zum Begrüßungsritual. „Der feste Rahmen macht es für die Kinder leichter, sich einzugewöhnen“, sagt sie und stimmt ein Lied an. Schließlich müssen auch die Mütter ran, sie sitzen auf dem Boden mit ihren Kindern auf dem Schoß. Die Feuerwehrgeschichte, die Hildebrand erzählt, ist nicht nur zum Zuhören. Da werden die Hände umeinander gedreht wie beim Schlauchaufrollen und die ausgestreckten Arme auf- und nieder bewegt beim Feuerlöschen. „Die Begleitbewegungen sollen die Kinder aufwärmen“, erklärt Hildebrand. Schließlich kommt das „Häschen in der Grube“, die Mütter schieben ihre Kleinen in die Mitte, stehen auf und umrunden singend und klatschend ihre Kinder. „Das ist zwar schon ein ganz altes Kinderspiel“, sagt die Leiterin, „erfüllt aber immer noch seinen Zweck. Es fördert die Loslösung zwischen Kind und Mutter“. Das klappt an diesem Morgen ganz gut, nur zwei der Kleinen fangen zu greinen an und werden von den Müttern auf die Arme genommen.

Dann geht es an den weiteren Geräteaufbau. Heike Hildebrand hat Fotos von Gerätekombinationen angefertigt und auf der Rückseite notiert, welche Elemente dafür benötigt werden. „Wir können hier aus dem Vollen schöpfen“, freut sich die ausgebildete Krankengymnastin, „der SV Fun-Ball ist großzügig ausgerüstet“. So entstehen, altersabhängig, Matten-Schaukeln, Tunnel, ein Kletterparcours, eine hängende Brücke, Mattenrutschen und ein Wellenparcours. Kaum ist dieser aufgebaut, nimmt die 18-monatige Lina Anlauf und stürmt laufend über die Wellen. Am Ende lässt sie sich auf den Popo plumpsen und lacht strahlend.

„Jedes Kind geht so, wie es kann, über die Geräte“, erklärt Hildebrand. Wichtig ist ihr, dass die Kinder möglichst selbstständig agieren, die Eltern nur begleitend unterstützen. Bei behinderten und entwicklungsverzögerten Kindern bietet Hildebrand Möglichkeiten, abgestimmt auf die jeweilige Behinderung, die Kinder individuell und gezielt zu fördern.

„Es ist einfach alles gut organisiert“, sagt Andrea Nguyen. „Zu Hause ist Caro-Linh zwar auch nicht mehr zu bremsen und klettert auf der Couch herum, aber hier hat sie ja viel mehr Möglichkeiten, sich auszuprobieren an abwechselnden Turngeräten. Und natürlich ist es wichtig, den Umgang mit anderen Kindern zu lernen“, sagt Nguyen. Auch Lena Blazek ist von der positiven Auswirkung auf ihren Sohn überzeugt. Seit gut fünf Monaten kommt sie in die Stunden von Heike Hildebrand und findet, dass ihr 17 Monate alter Oliver einen großen Schritt in Richtung Selbstständigkeit getan hat: „Er krabbelt und läuft ganz eigenständig in dieser riesigen Halle umher, ohne zu gucken, wo ich bin.“ Heike Hildebrand hält montags und dienstags in den Vormittagsstunden die integrativen Babyturn-Kurse (mit Rückbildungsgymnastik für die Mütter und Baby-Massage), gestaffelt nach den Entwicklungsstufen der Kinder, bis etwa zwei Jahre an.

Die Sinne werden in ihren Kursen bei den Kindern ebenso gefördert wie die Muskelkraft und das Gleichgewicht geschult. Ihre Angebote seien nicht therapeutisch, sondern entwicklungsbegleitend und fördernd, betont Hildebrand, die über 20 Jahre Berufserfahrung hat, spezielle Fortbildungen nach Bobath und Voijta sowie in der Psychomotorik besucht und einige Jahre in einer Schule für körperbehinderte Kinder in Frankfurt gearbeitet hat. Behinderte und entwicklungsverzögerte Kinder können bis ins Kindergartenalter mitturnen. Die Halle ist barrierefrei zugänglich und es gibt eine Behinderten-Toilette.

Informationen für interessierte Eltern bei Heike Hildebrand, Telefon (06101) 497144 und im Internet: www.fun-ball-dortelweil.de.