Friseure drängen auf Salon-Öffnung zur Eindämmung von Corona und Schwarzarbeit
Bad Vilbel. Seit Mitte Dezember sind die Friseur-Salons geschlossen. Branchenverbände haben sich in Schreiben an die Politik gewandt und Argumente vorgebracht, warum eine Öffnung der Salons mehr zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen würde, als die Beibehaltung des Verbots. Schließlich könne niemand abstreiten, dass der Schwarzmarkt boome – und dies in einem unkontrollierbaren Umfeld, ohne Hygienekonzept und ohne Kontaktnachverfolgung.
Wie sehr ihre Handwerkskunst und Kreativität geschätzt werden, das erfahren Thomas Horinek, Friseurmeister und Inhaber des Bad Vilbeler Intercoiffure-Salons »Haare machen Leute«, und seine Berufskolleginnen und Kollegen derzeit notgedrungen nur außerhalb der Salons. Im Einkaufsmarkt zum Beispiel, wenn sie auf Kundinnen und Kunden treffen, deren sehnsuchtsvolle Blicke allein schon ausdrücken, wie dringend sie einen Termin buchen möchten. »Es geht dabei um persönliches Wohlbefinden«, weiß Thomas Horinek. Und genau dies sei wichtig, um selbstbewusst schwierige Zeiten wie die Corona-Pandemie zu überstehen. Insofern habe er auch Verständnis, immer mal wieder »unmoralische« Anfragen nach einer privaten Friseurdienstleistung gestellt zu bekommen, gibt Horinek zu. Natürlich muss er ablehnen, obwohl ihm bewusst ist, dass der Schwarzmarkt boomt, wie auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks – und dazu zählen auch die Friseurinnen und Friseure – vermeldet.
Ein Hygieneberuf
Auch im Lockdown wachsen Haare weiter und der Friseurberuf ist schon immer ein Hygieneberuf, wobei die Einhaltung der Standards und der Vorschriften im Unterschied zum Schwarzmarkt in den Salons schnell und sicher von den Behörden zu kontrollieren sei. »Darüber hinaus streicheln Stylisten nicht nur die Locken und Konturen ihrer Kunden, sondern auch die Seele der Menschen«, wird auf der Internetseite www.nursicherbeimfriseur.de verdeutlicht.
Viele Menschen vermissen professionelle Friseur-Dienstleistungen. Die Salons können diese jedoch nicht online, »to go« oder als »Click & Collect«-Service anbieten. »Als einziger Handwerksberuf werden Friseure daher immer öfter genötigt, ihre Professionalität außerhalb professioneller Rahmenbedingungen auszuüben«, heißt es weiter auf www.nursicherbeimfriseur.de.
Auch Hans Peter Wollseifen, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, wies kürzlich auf die bedrohliche Situation vieler Geschäfte hin: »Es sind alle Rücklagen aufgebraucht, teilweise auch die Altersvorsorge – es geht um Existenzen«, sagte er. Es dauere auch viel zu lange, bis Corona-Hilfen ankommen, zudem werde dadurch nur ein geringer Teil der Umsatzeinbußen kompensiert.
Geringes Risiko
Thomas Horinek weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass Portale zur Beantragung von in Aussicht gestellten finanziellen Unterstützungen immer noch nicht geöffnet sind. Der Bad Vilbeler ist Vorstandsmitglied der Vereinigung »Intercoiffure Deutschland« und hat in dieser Funktion einen Brief an Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterschrieben, der ausdrücklich als »Hilferuf« bezeichnet wird und auffordert, die Wiedereröffnung der Friseurgeschäfte als eine tragbare und sinnvolle Lösung zu überprüfen.
In dem Schreiben der deutschen Intercoiffure-Sektion, das auch an das Bundeskanzleramt und andere Länderregierungen ging, wird aufgelistet, dass es im Jahr 2020 »nur sieben von der Berufsgenossenschaft anerkannte Covid 19-Fälle in den über 80.000 Friseursalons mit mehr als 240.000 Mitarbeitern und 700.000 täglichen Kundenkontakten« gegeben habe. Dies zeige eindrucksvoll, dass die Sicherheitsauflagen umgesetzt wurden und die Ansteckungsgefahr mit Covid 19 in Frisuersalons verschwindend gering sei.
Zumindest die Botschaft solcher Schreiben der Branche scheint bei der Bundesregierung angekommen zu sein. So hat Kanzlerin Angela Merkel Ende Januar erwogen, bei einer Lockerungen des Lockdowns Prioritäten zu setzen und dabei auch Friseursalons im Blick zu haben, wie auf einer Facebook-Seite zu lesen war. Zudem hat Innenminister Horst Seehofer laut einem Bericht am 5. Februar auf Spiegel online mit Hinblick auf den »Schwarzmarkt« für eine Öffnung der Salons plädiert.
Gut frisiert im Fernsehen
Obwohl die Friseursalons schon seit zwei Monaten nicht öffnen dürfen, sind die Menschen, die bei Nachrichtensendungen und Talkshows im Fernsehen auftreten, immer gut frisiert. Dies rührt daher, dass Dienstleistungen, die von Beschäftigten von Fernsehanstalten und Produktionsfirmen ausgeführt werden, nicht als Dienstleistungen gegenüber Kunden gewertet werden, sondern als »innerbetriebliche Tätigkeiten«. Derartig Innerbetriebliches fällt laut Bestimmungen des Arbeitsministeriums nicht unter die Verbote der Corona-Schutzverordnung. (hir)