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Apfel-Fans gesucht – Kelterei Rapp’s und Stadt wollen Nutzung brachliegender Streuobstwiesen ankurbeln

5500 Obstbäume wachsen auf Wiesen im Stadtgebiet, der wohl größte Obstsortengarten im Land. Viele Obstwiesen aber liegen brach. Das wollen die Stadt und die Kelterei Rapp’s ändern – und Bürger motivieren, etwas Gutes für sich, für die Natur und die Region zu tun.

Karben. Der prüfende Griff an den Apfel und, zack, löst sich der an einer Seite schön sonnig-rote Rundling vom Ast. „Der ist wohl reif“, sagt Arnd Straub (43) und grinst. In diesen Tagen beginnt die Apfelernte. Der Petterweiler macht mit.

Ein Ansprechpartner

Vor zehn Jahren entdeckte er seinen Spaß am Obstanbau. „Ein Freund kelterte Apfelwein selbst.“ Das Stöffche zischte so gut, da machte Straub es nach. Mit Freunden kümmert er sich um 80 Bäume auf Wiesen von Wehrheim bis Karben. „Wir hätten gerne noch etwas mehr“, sagt er. „150 dürfen es sein.“

Das hört Karbens Bürgermeister Guido Rahn (CDU) gern. In Karben liegen viele Obstbäume ungenutzt brach. Vor 15 Jahren hatte die Stadt einen Obstsortengarten mit 5500 Bäumen angepflanzt. „Der größte mindestens in Hessen“, sagt Klaus-Dieter Kneip, Geschäftsführer der Kelterei Rapp’s. Trotz Bemühens in den vergangenen Monaten wurde die Stadt aber 400 von 2000 nutzbaren Bäumen noch nicht los.

Zwar verlangt sie nur einen Euro Pacht pro Baum und Jahr. Doch der Pächter muss die Bäume abernten und pflegen, dafür einen Schnittlehrgang nachweisen. Das sei oft beschwerlich, findet Ulrike Loos, Vorsitzende des Umweltverbandes BUND in Karben. Wie man diese korrekt schneidet, wüssten viele nicht. „Oft fehlt es auch an passendem Werkzeug.“ Oder einem Häcksler, um den Astschnitt kleinzukriegen, ergänzt Arnd Straub.

Dort springt die Karbener Kelterei ein. Sie beschäftigt nun mit Diplom-Agraringenieur Clemens Caesar einen Koordinator für den Apfel-Anbau. Er soll Pächtern mit Rat zur Seite stehen, Schnittlehrgänge anbieten. Und er soll koordinieren: Etwa den Einsatz eines Baumrüttlers, den Rapp’s anschaffen und Pächtern ausleihen will, ebenso Planen, Werkzeug, Säcke.

Der deutsche Apfelwein-Primus und die Nummer zwei im Saftmarkt macht das auch mit Eigennutz: „Wir bekommen nicht die Menge an Äpfeln aus der Region, die wir bräuchten“, sagt Geschäftsführer Kneip. Zwar könne Rapp’s Konzentrat von anderswo günstiger einkaufen. „Aber das wollen wir nicht; wir setzen bewusst auf Regionalität.“ Sonst wär’s ja kein Wetterauer Äppelwoi mehr. Was Umweltschützerin Loos lobt: „Kurze Wege machen mehr Sinn.“

Seit Jahren ärgert sich Klaus-Dieter Kneip darüber, dass die Früchte vieler Apfelbäume selbst in der Heimatstadt der Kelterei nicht geerntet werden. Stadt und Kelterer machen daher gemeinsame Sache: „Es geht darum, dass wir die Obstwiesen einer sinnvollen Nutzung zuführen und diese gepflegt werden“, erläutert Rahn.

Das soll für die Pächter einfacher werden, ihre Zahl steigern. Obstbauern mit Privatwiesen seien ebenso angesprochen. Damit mehr geerntet wird, will Koordinator Caesar Vereine und Schulen aktivieren. Sie könnten sich etwas dazu verdienen. Die Kelterei sichert die Abnahme der Äpfel zu. Kneip: „Und wir nehmen auch kleine Mengen“.

Arnd Straub aber räumt ein: „Reich wird man nicht damit.“ Dennoch will auch er seine Äpfel demnächst bei Rapp’s anliefern. „Wir können nicht alle selbst verarbeiten.“ Mit Freunden zusammen sind Baumschnitt, Ernte und Keltern jedes Jahr echte Events. „Viele Leute lassen sich dafür begeistern, und es ist viel effektiver als Trainieren im Fitnessstudio“, sagt Caesar. „Es gibt genug Interessierte, wir müssen sie nur aktivieren.“ „Das ist eine klasse Abwechslung zum täglichen Arbeiten im Autohaus“, findet Arnd Straub. „Und man pflegt echtes Kulturgut.“ (den)