Karben. „Es gibt Wichtigeres als den Ekel vor Krabbeltieren“, sagt Annika Keßler. Die junge Frau hat im vergangenen Jahr ihr Abitur an der Kurt-Schumacher-Schule gemacht. Vor kurzem ist sie wohlbehalten zurückgekommen, voller Eindrücke und in Gedanken noch ganz bei den Kindern.
„Zu Anfang war es ein Schock zu sehen, wie die Menschen in einem afrikanischen Dorf leben“, erzählt sie. „Der Lärm, der Gestank, kein fließend Wasser, keine Kanalisation und kein Strom, das kann man sich nicht wirklich vorstellen.“
Gezielt hatte sie sich das Waisenhaus-Projekt ausgesucht, wollte helfen, Land und Leute kennen lernen. Flug und Unterkunft bezahlte sie aus eigener Tasche und während ihres Aufenthaltes wohnte sie bei dem Dorfschullehrer, zusammen mit zwei Studentinnen aus Deutschland. Kontakt mit der Heimat hielt sie über Handy, Post, Internet, Geschäfte – all das konnte sie nur nach einer zweistündigen abenteuerlichen Busfahrt in den nächsten Ort erreichen.
„Die Kinder in dem Waisenhaus sind auf sich allein gestellt, es gibt keinen Heimleiter, kein Personal und keine geregelte Betreuung“, berichtet Annika Keßler. Täglich schaue zwar ein Erwachsener nach ihnen und ein Teil der 45 Kinder gehe auch zur Schule. Aber wirklich verantwortlich sei niemand für die Kinder. Gegründet hat der Dorfschullehrer das Waisenhaus, damit die Jungen und Mädchen zwischen drei und 14 Jahren ein Dach über den Kopf haben und etwas zu essen. Mit Hilfe von „Volunteers“, von freiwilligen Helfern wie Annika, soll die Situation der Kinder verbessert werden.
Annika hat bald nach ihrer Ankunft in Guabuliga eine Spendenaktion angestoßen, unterstützt von ihrer Mutter Stefanie Keßler und ihrem Sportverein in Karben, dem TV Petterweil. „Die Hilfsbereitschaft in Petterweil war riesig“, sagt Stefanie Keßler, die elf 20-Kilo-Pakete mit Kleidung, Spielzeug und nützlichen Dingen ins ferne Ghana schickte. Etwa 6000 Euro gingen auf das Spendenkonto ein und verwandelten sich in ein Segen für die Kinder: „Wir haben von dem Geld die Schulgebühren bezahlt, drei Euro pro Kind. Wir kauften ihnen Schuhe, einfache Flip Flops, weil es die Schule verlangt und wir haben eine Krankenversicherung abgeschlossen, 75 Cent pro Kind pro Jahr“, zählt Annika auf.
Die kaputten Fenster und Türen in einem der drei Schlafsäle wurden repariert und Farbe gekauft, um die Wände zu streichen. Auch ein Eselskarren wurde angeschafft, auf Rat des Dorfschullehrers, damit die Kinder sich mit Transporten Geld verdienen können. Am schönsten war es für Annika, dass sie Essen für die Kinder kaufen konnte. „Eine Schüssel Reis mit Bohnen, das war ein Traum für die Kinder, endlich wurden sie satt“, sagt sie. Normalerweise gibt es nichts als eine dünne Suppe.