Karben. Mit ihrem Leitspruch »Liebe für alle, Hass für keinen« führen die Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde seit 100 Jahren vor, wie man sich als muslimische Organisation in das christlich geprägte Umfeld westlicher Gesellschaften einbringen kann. Obwohl sich die Ahmadiyya Muslim Jamaat mit ihren rund zehn Millionen Anhängern als die größte muslimische Organisation der Welt bezeichnet, wird sie in vielen, vor allem muslimischen Ländern, brutal verfolgt. Deshalb flohen vor mehr als 100 Jahren viele ihrer Anhänger vor allem aus Pakistan, dem Ursprungsland der Ahmadiyya-Reformgemeinde, auch nach Deutschland. Dort errichtete die Ahmadiyya Muslim Jamaat 1923 in Berlin ihre erste Moschee. Heute gehören der Religionsgemeinschaft nach eigenen Angaben in über 270 Einzelgemeinden deutschlandweit mittlerweile über 50 000 Mitglieder an. Damit zählt sie zu den größeren der islamischen Organisationen.
Vor 25 Jahren in
Karben niedergelassen
In Karben hat sich die Ahmadiyya-Gemeinde vor 25 Jahren niedergelassen, nachdem sich immer mehr Anhänger dieser Glaubensrichtung in der Stadt angesiedelt hatten und der Weg nach Friedberg zu weit wurde. Zunächst traf man sich zum Gebet und zu Versammlungen in privaten Wohnungen, dann in einem größeren Raum im Industriegebiet von Okarben oder im ehemaligen Rathaus in Klein-Karben.
Erst als die Gemeinde 2015 den Antrag auf Bau eines eigenen Gebetshauses, der Sadiq Moschee, im Gewerbegebiet »Am Spitzacker« in Okarben stellte, erhob sich Widerstand in der Bevölkerung. »Zu Unrecht«, wie Bürgermeister Guido Rahn (CDU) in seinem Grußwort beim Jubiläumsempfang in der Sadiq Moschee am Mittwochabend erklärte. Denn wer heimisch werde, der brauche auch ein Haus. Und da die Ahmadiyya-Gemeinde sich schon längst in die Gesellschaft integriert gehabt habe, habe ihr ein eigenes Gebetshaus zugestanden. Dies sei damals die einhellige Meinung im Stadtparlament gewesen.
Der Protest habe sich längst gelegt, die Moschee stehe, und das Neben- und Miteinander funktioniere, resümierte Rahn. »Deshalb machen Sie weiter so wie bisher, dann sind Sie in unserer Stadt willkommen«, sagte Rahn zu den Vertretern der Ahmaddiyya-Gemeinde.
Ähnlich äußerten sich auch Nora Zado (SPD) und Oliver Feyl (FDP). »Denn Teil einer Gesellschaft kann man nur werden, wenn man aufeinander zugeht«, urteilte Feyl. Anschließend bedankte sich Alif Shahzad Virk, der Vorsitzende der hiesigen Ahmadiyya-Gemeinde, für die freundliche Aufnahme seiner Glaubensanhänger in der Stadt. Das gute Miteinander führt er darauf zurück, dass es seiner Ahmadiyya-Gemeinde vor allem durch ihre sozialen Aktionen gelungen sei, sich in die Gesellschaft einzubringen und Vorurteile gegen den islamischen Glauben abzubauen. Und dann zählte er einige Beispiele sozialen Engagements seiner Glaubensbrüder auf. Dazu gehören die Neujahrs-Putz- wie die Blutspendeaktionen, die Besuche in den Altenheimen oder das Mitwirken bei der Nachbarschaftshilfe und der Flüchtlingshilfe.
Am Rande der Veranstaltung berichtete Virk, dass die Corona-Pandemie deutliche Spuren in der Gemeinde hinterlassen habe. »Die vorgeschriebene Abstandsregelung von anderthalb Metern hat auch in den Köpfen der Menschen Spuren hinterlassen, denn bei dem Abstand ist es irgendwie geblieben«, bedauerte Virk. Nach einigen Kurzfilmen zur Geschichte der Ahmadiyya-Gemeinde gab es zum Ausklang ein orientalisches Buffet. (jwn)