Bad Vilbel. Zu einem „Ärztenetz Bad Vilbel“ haben sich fünf Allgemeinmediziner zusammengeschlossen. Das ist einzigartig in der Region. Gemeinsam wollen die Mediziner sich besser organisieren und Patienten spezialisiertere und schnellere Behandlungen ermöglichen.
Angefangen habe alles bereits vor drei Jahren, als die Bad Vilbeler Ärzte erstmals eine Protestaktion organisierten, „streiken dürfen wir ja nicht“, betont Hausarzt Wolfgang Beyer. Der Ärger ist inzwischen viel Beharrlichkeit und Organisationsstress gewichen, denn fünf damals beteiligte Mediziner haben sich zusammengetan. Neben Beyer sind dies die Hausärzte Dorothée Seefeldt, Ansgar Schultheis, Matthias Pels und Reinhold Weidmann.
„Damit ist es uns erstmals gelungen, dem Einzelgängertum entgegenzuwirken“, freut sich Beyer auch namens seiner Kollegen. Ihre fünf Praxen betreuten etwa zwei Drittel der Bad Vilbeler Patienten. Dennoch stecke die Kooperation noch im Anfangsstadium, „Aufwärmphase“ nennt Beyer das, was er und seine Mitstreiter hinter sich haben. Viele Bad Vilbeler Kollegen hätten an der Partnerschaft Interesse gezeigt, „doch am Ende blieben fünf, die die harte Arbeit machen“, so Beyer. Eine Mitgliedschaft im Ärzte-Netzwerk Mittelhessen sei vor Jahresfrist wegen unterschiedlicher Vorstellungen gekündigt worden.
Nun organisiert sich das Quintett auf eigene Faust. Dabei gibt es jede Menge zu tun, um die Praxen miteinander zu vernetzen. Ziel soll es sein, dass sich die fünf Ärzte spezialisieren, etwa auf Herzleiden, Lungenerkrankungen, Diabetes und auch Akupunktur. Dann würden sie ihre Patienten jeweils gegenseitig überweisen. Wenn ein Patient dann den Hausarzt wechsele, sei das nicht schlimm, aber es müsse ausgeschlossen werden, „dass wir uns gegenseitig die Patienten abluchsen.“
Die Ärzte wollen auch organisatorisch enger zusammenarbeiten. Dafür müssten erst einmal die Computersysteme angeglichen werden. Dann könnte auch im Urlaubsfall ein Kollege direkt auf die Krankenakte zugreifen. Die Vereinheitlichung von Formularen gehöre dazu, aber auch größere Vorhaben wie gemeinsam angeschaffte Gerätschaften. Angefangen von den Kosten bis hin zur Haftungsfrage bei dem Gemeineigentum reichten die zu klärenden Dinge.
Das Sparen sei bei diesen Synergie-Effekten nicht das eigentliche Ziel, betont der Mediziner. Vielmehr gehe es um bessere Praxisabläufe, aber auch darum, Patienten eine strukturierte Behandlung anbieten zu können, „optimal, aber preiswert“. Deshalb stünden die Vilbeler in Verhandlungen mit einem „großen Partner“, einem Frankfurter Krankenhaus. Dort wolle man mit Fachärzten kooperieren. „Diese sind dann auch bereit, Wege zu öffnen für eine schnellere Versorgung und aufmerksamere Behandlung unserer Patienten“, erhofft sich Beyer.
Ein gewichtiger Vorteil sei dabei, dass ein solches einheitliches Vorgehen Aufwand erspart und so die Kosten mindert. Das, so Beyer, sei ein Trumpf, den das Netzwerk gegenüber den Krankenkassen ausspielen könne. Die Vorteile würden dann auch in Hausarztverträgen honoriert. Den Patienten bringe eine stärkere Verhandlungsposition auch den Vorteil, dass sie leichter zusätzliche Leistungen ermöglicht bekämen.
Neben der Kooperation wollen sich die Netzwerker aber auch um die Prävention kümmern. Vor Monaten veranstalteten sie einen Info-Tag über Herzerkrankungen, an dem über 70 Besucher teilnahmen. Die große Resonanz ermutigt das Quintett, schon im September soll es eine weitere Aufklärungsveranstaltung geben. Auch sich selbst wollen die Mediziner künftig gemeinsam fortbilden – und sich das Honorar der Berater teilen. Dass das bisher in Bad Vilbel so gut klappt, erstaunt Beyer noch immer ein bisschen, denn „die Ärzte sind sich nicht immer fromm“, meint er mit einem Lächeln.