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Falsche Fenster in der Europäischen Schule

Bad Vilbel/Gießen. Der zweite Gütetermin vor dem Gießener Landgericht brachte die Einigung im Streit um Baumängel an der Europäischen Schule in Bad Vilbel. Geklagt hatte der Bad Vilbeler Immobilien-Eigenbetrieb der Stadtwerke, weil er Planungsfehler bei der Lüftung der Klassenräume im Neubau der Europäischen Schule festgestellt hatte.

Bei der Klage ging es laut Stadtwerke-Betriebsleiter Klaus Minkel darum, dass Kipp- statt Drehfenster eingebaut wurden. Die Lüftungszeiten hätten sich dadurch verlängert. Beklagter hierbei ist das Architektenbüro Frielinghaus aus Friedberg. Ein Schaden von weit mehr als 100 000 Euro soll laut Minkel dadurch entstanden sein.

In einem ersten Gütetermin hatte das Gericht zunächst eine Vergitterung der Fenster bis zu einer Höhe von 1,10 Metern zur Prüfung vorgeschlagen. Doch diesen Vorschlag hatte die Bauaufsicht als zu gefährlich abgelehnt. Schließlich handele es sich bei einer Schule um einen Sonderbau, der überwiegend von Kindern genutzt werde. Und da bestünde die Gefahr, dass die Kinder leicht an dem Gitter hinaufklettern und dann abstürzen könnten.

Als mögliche Alternative hätten sich zusätzlich festmontierte Plexiglasscheiben bis zur halben Höhe der Fenster angeboten. So hätten die Fenster zur Belüftung geöffnet werden können, ohne dass Absturzgefahr bestünde, und der Lichteinfall wäre auch nicht behindert worden. Doch ließ sich dieser Vorschlag nicht realisieren.

Als Richter Klaus Lang nun die Gerichtsverhandlung fortsetzen wollte, teilte ihm Minkel überraschend mit, dass beide Parteien sich soeben vor dem Gerichtssaal auf einen Vergleich geeinigt hätten. Danach zahlt das Architektenbüro eine Entschädigung von 120 000 Euro, und im Gegenzug verzichten die Stadtwerke auf weitere Forderungen in dieser Angelegenheit.

„Wir kennen uns sehr lange und pflegen die besten Beziehungen. Deshalb wollten wir beide den Streit auch so schnell wie möglich beenden“, meinte Minkel, nachdem das Gericht den Vergleich protokolliert hatte. Und auch Andreas Schmitt, einer der beiden Geschäftsführer des Friedberger Architektenbüros, machte gute Miene zum für ihn negativen Ausgang des Verfahrens.

Er müsse jetzt aber erst noch das Einverständnis seiner Versicherung einholen, die den Schaden abdecken soll. Sollte die Versicherung sich allerdings querstellen, dann würde am 25. Februar weiter vor Gericht verhandelt. In diesem Falle müsse dann ein Gutachter herausfinden, wie hoch der Schaden aufgrund der mangelhaften Belüftung tatsächlich ist. „Das ist eine schwierige und vor allem sehr langwierige Aufgabe, und keiner weiß, was dabei herauskommt“, gab der Richter den beiden Parteien abschließend noch mit auf den Heimweg.

Minkel meinte dazu nach der Verhandlung: „Unabhängig von dieser Streitfrage ist dem Friedberger Architektenbüro mit der ESRM ein bauliches Meisterwerk gelungen, so dass es sehr bedauerlich ist, dass wegen einer Randfrage eine Auseinandersetzung erforderlich wurde, nur weil die Versicherung sich bisher nicht konstruktiv verhielt.“ (jwn/kop)