Dringenden Nachbesserungsbedarf sieht die SPD Bad Vilbel, um die Bad Vilbeler Bahnhöfe barrierefrei zu gestalten. Bedarf sieht auch Stadtrat Jörg Frank (CDU). Doch Geduld sei angebracht.
Bad Vilbel. Ein Bild vom Nord- und Südbahnhof machten sich Bürgermeisterkandidat Rainer Fich und Hajo Prassel, Beauftragter für Barrierefreiheit. Ihr Fazit: An beiden Bahnhöfen muss etwas getan werden. Dass gerade der Zustand der hessischen Bahnhöfe in diesem Zusammenhang gravierend sei, habe die Landesregierung inzwischen erkannt, doch müsse auch die Stadt Bad Vilbel aktiver werden.
Am Nordbahnhof sei die Erreichbarkeit der Bahnsteige mit Rampen und Aufzügen, sowohl von der Stadtseite als auch vom Quellenpark her, gewährleistet. Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen oder Radfahrer könnten die großen Fahrstühle zu den Bahnsteigen nutzen. Zu bemängeln sei hingegen, dass in den Fahrstühlen eine Sprechanlage fehle, die blinden Menschen die Orientierung erleichtern würde.
„Wichtig sind für blinde und sehbehinderte Menschen auch Bodenmarkierungen, die mit einem Stock ertastet werden können und Orientierung bieten. Leider enden diese Markierungen an den Ausgängen des Bahnhofs, so dass die Busse ohne weitere Hilfe erreicht werden müssen. Hier muss der Magistrat sicherstellen, dass bis Fertigstellung des Bahnhofsvorplatzes und des Park&Ride-Platzes auf der Quellenparkseite Bodenmarkierungen angebracht werden“, fordert Fich.
Der Nordbahnhof sei zwar deutlich modernisiert worden, jedoch sei ein Zugang zur S-Bahn ohne fremde Hilfe schier unmöglich, da die Bahnsteige nicht auf S-Bahn-Niveau angehoben worden seien. Hier müsse der Magistrat alle Möglichkeiten prüfen und unverzüglich beim Land Hessen einen Antrag stellen, dass Bad Vilbel in das Modernisierungsprogramm zur Herstellung der Barrierefreiheit für Bahnhöfe aufgenommen werde.
Abhilfe schaffen könnten Podeste in den Mittelabschnitten der Bahnsteige. Auch hier seien Verhandlungen mit der Bahn aufzunehmen. Die beiden SPD-Politiker halten es nicht für ausreichend, hier auf den Ausbau des dritten und vierten Gleises in bis zu zehn Jahren zu warten. Bei der Besichtigung des Nordbahnhofs fiel weiterhin auf, dass die Handläufe bei den Rampen durch Wildwuchs von Sträuchern zugewachsen seien, was zum Problem werden könnte.
Stiefkind Südbahnhof
Als „Stiefkind“ bezeichneten Fich und Prassel den Südbahnhof. Zwar sei der Zugang zum Bahnsteig in Richtung Friedberg stufenlos zu erreichen, der Einstieg für mobilitätseingeschränkte Personen gestalte sich aber ähnlich problematisch wie am Nordbahnhof. Auch hier könnten Podeste und das Modernisierungsprogramm helfen.
Die Erreichbarkeit des Bahnsteigs in Fahrtrichtung Frankfurt bleibe in ihrer Mobilität Eingeschränkten aber verwehrt. „Hier gibt es nur eine Treppenanlage direkt am Bahndamm und eine über die Gleise“, sagt Fich. Für beide Bahnhöfe unbedingt benötigt werde außerdem eine öffentliche Toilettenanlage.
Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU) lobt, dass Fich und Prassel das Thema aufgreifen, doch solle hier nicht nur politischer Aktionismus im Vordergrund stehen. „Es wäre sicher besser gewesen, wenn Fich vor der Besichtigung das Gespräch mit der Bahn oder dem Magistrat gesucht hätte. Beim Ausbau der S-Bahn und damit zusammenhängend dem Lärmschutz und der Barrierefreiheit gibt es zwischen den Parteien großes Einvernehmen. Alle sollten an einem Strang ziehen, so dass wir gerne geholfen hätten.“
Richtig sei, dass auf den Bahnsteigen, an denen die S-Bahnen der Line 6 derzeit hielten, Stufen existierten. Allerdings dürfte durch einen Antrag durch den Magistrat oder der Bahn beim Modernisierungsprogramm des Landes nicht viel zu holen sein. „Denn der Umbau des Nordbahnhofes einschließlich der barrierefreien Umgestaltung ist bereits Thema der Planfeststellung und des Ausbauvorhabens des dritten und vierten S-Bahn-Gleises.“
Der S-Bahnsteig, der nach dem Bau des dritten und vierten Gleises genutzt werden solle, sei zurzeit überhaupt noch nicht in Betrieb. „Aus den Planfeststellungsunterlagen ist die Bahnsteighöhe für diesen künftigen Bahnsteig mit 96 Zentimetern über Schienenoberkante angegeben. Das ist genau die Höhe, um in die S-Bahnzüge stufenfrei einsteigen zu können. Die übrigen Bahnsteige sind in den Planunterlagen deutlich niedriger dargestellt, aber leider nicht genau vermaßt“, schildert Frank.
Frage nach Kostenlast
Ob die jetzt genutzten Bahnsteige zur Nutzung der S-Bahnzüge vorübergehend angehoben werden sollten, ist für Frank höchst fraglich. Denn an den Bahnsteigen hielten nicht nur die S-Bahnen, sondern auch der Stadt- und Regional-Express sowie der Mittelhessen-Express.
„Es wäre also sehr gut abzuwägen, für welchen Gebrauch Umbauten vorgenommen werden sollten. Dahinter steht auch die Frage zur Verteilung der Kostenlast, wenn Umbauten von der Stadt Bad Vilbel gefordert würden. Auch die Nutzungsdauer wird eine Rolle spielen, denn nach den jüngsten Informationen möchte die Bahn in der zweiten Hälfte 2017 mit dem Bau des dritten und vierten S-Bahn-Gleises beginnen“, schildert Frank.
Auch am Südbahnhof werde sich vieles ändern, denn auch hier habe der Magistrat mit eigenen Planungen auf die Planfeststellung reagiert und mit der Bahn auf die Barrierefreiheit geachtet. (kop)